Einstieg ins Thema Judentum

Grundlegendes zum Judentum

rituelle Elemente
rituelle Elemente

Das Judentum ist eine über 4000 Jahre alte, sehr traditionsreiche, aber auch vielfältige und widersprüchliche Religion. 

 

Die Wurzeln des Judentums liegen im Orient. Historisch greifbar wird sie mit der Ansiedlung jüdischer Stämme in der Gegend des heutigen Israel ungefähr um 1000 v.u.Z. Über die Zeit davor gibt es nur mythologische Quellen, vor allem die Erzählungen in der Thora. Diesen zufolge ist Abraham, der einen Bund mit dem jüdischen Gott schließt, der Stammvater aller Juden. Moses ist deshalb zentral, weil er die Juden aus der Sklaverei in Ägypten herausführt, in der Wüste Sinai von Gott die Gesetzestafeln mit den 10 Geboten erhält und das jüdische Volk nach 40 Jahren Wanderung schließlich nach Kanaa, das von Gott versprochene Land, führt. Er selbst das dieses Land nicht mehr betreten. Weitere wichtige mythologische Figuren sind König David, der die zwei Reiche einigt und Jerusalem zur Hauptstadt macht, und König Salomon, der in Jerusalem den ersten Tempel errichtet. 

 

Nach der Zerstörung des zweiten Tempels in Jerusalem (70 u.Z.) durch die Römer beginnt die Zeit der Diaspora, also des Exils. Jüdische Gemeinden existieren (spätestens) seit diesem Zeitraum in vielen Teilen der Welt, zunächst natürlich im Römischen Weltreich. Diese Gemeinden fühlen sich durch die gemeinsame Geschichte und den gemeinsamen Glauben miteinander verbunden. 

 

Im deutschsprachigen Raum ist die älteste bekannte jüdische Gemeinde in Köln, die bereits im Jahr 321 urkundlich erwähnt wird. 

 

In Europa entstehen im Laufe der Zeit zwei kulturelle jüdische Hauptrichtungen:

Die sephardischen Juden leben zunächst im Raum des heutigen Spanien. Sie werden im 15. Jahrhundert zwangsassimiliert oder vertrieben und dadurch entstehen neue jüdische Gemeinden rund ums Mittelmeer und auf dem Balkan, also z. B. in Südfrankreich, in Süditalien, in der Türkei ... Ihre Kultur ist stark orientalisch geprägt.

 

Die askenasischen Juden haben ihren Ursprung wahrscheinlich in jüdischen Gemeinden im heutigen Deutschland (Kölner Raum). Sie bewegen sich im Laufe der Zeit vor allem in Richtung Osteuropa. Sie entwickeln eigene kulturelle Traditionen. Ihre "Kernsprache" ist jiddisch.  

 

Juden bleiben in Europa lange Zeit ohne wirkliche Rechte und leben als Minderheit (teils freiwillig, teils gezwungen) in eigenen Wohngegenden (Ghettos). Sie sind immer wieder mit Pogromen (gewalttätigen Ausschreitungen, Ermordung) und Vertreibung konfrontiert.

 

Ab dem 18. Jahrhundert beginnt auch im Judentum die Diskussion um Aufklärung. Ein Teil der Juden in Westeuropa (vor allem im deutschen Raum und in Frankreich) emanzipiert sich. Das heißt, emanzipierte Juden geben einen Teil ihrer traditionellen Verhaltensvorschriften (z. B. Speisevorschriften) auf und versuchen, sich in die Mehrheitsgesellschaft zu integrieren. Das Judentum hat für sie vor allem traditionelle Funktion, bestimmt aber nicht mehr den Lebensalltag. Dafür erhoffen sie sich mehr Anerkennung und sozialen Aufstieg. Ein Teil der Juden assimiliert sich, das heißt, sie legen ihre jüdische Identität ab und konvertieren z. B. zum Katholizismus oder zum Protestantismus. Ein Teil der Juden bleibt strenggläubig (orthodox). Orthodoxe Juden lehnen eine Modernisierung des Judentums ab und beharren auf der traditionellen Lebensweise und der Gültigkeit der rituellen Vorschriften; die 613 Gebote der Halacha, die den Tagesablauf eines frommen Juden bestimmen, müssen ihrer Ansicht nach von gläubigen Juden in jedem Fall eingehalten werden. 

Beispiel Sigmund Freud

Sigmund Freud (Wikipedia)
Sigmund Freud (Wikipedia)

Im 19. und 20. Jahrhundert sind viele Menschen, die gesellschaftlich, wissenschaftlich oder kulturell eine Bedeutung erlangen, jüdischer Herkunft. Die meisten von ihnen haben sich vom traditionellen Judentum aber mehr oder weniger entfernt und sich allenfalls noch "Kulturjuden". Ein typisches Beispiel für die Geschichte eines solchen Kulturjuden ist der Wiener Begründer der Psychoanalyse Sigmund Freud. Er sagt von sich selbst: "Ich bin ein gottloser Jude".

 

Sigmund Freud wird 1856 in Pribor (Mähren, heute Tschechien) geboren. Wegen einer Wirtschaftskrise verarmt der Vater, der davor ein Wollhandes-Geschäft betrieben hat. Wie viele andere Juden verspricht der Vater sich offenbar in der Hauptstadt der Monarchie bessere Zukunftsperspektiven und wandert 1857 nach Wien aus. Auf die schulische Bildung des einzigen Sohnes in der Familie wird sehr viel wert gelegt. Allerdings fühlt er sich nicht fürs Jus-Studium, das der Vater sich eigentlich wünscht, berufen, sondern studiert Medizin. Kurz nach Ende seines Studiums heiratet Sigmund Freud seine Verlobte Martha Bernheim, die aus aus einer liberal-jüdischen Berliner Familie stammt. Sigmund Freud will den sozialen Aufstieg schaffen. Mit großem Ehrgeiz arbeitet Sigmund Freud nach seinem Studium an seiner beruflichen Karriere, er begründet mit der Psychoanalyse eine ganz neue Richtung in der Medizin bzw. der Psychologie, kämpft aber sein Leben lang immer um Anerkennung und wird immer wieder mit antisemitischen Ressentiments konfrontiert. Nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten muss Freud befürchten, deportiert zu werden. Nur wegen seiner internationalen Bekanntheit gelingt dem inzwischen 80jährigen Freud die Ausreise nach London. Seine engsten Familienangehörigen dürfen mitausreisen. Andere Verwandte (Geschwister und deren Kinder) werden deportiert und kommen in unterschiedlichen KZs ums Leben. 1939 nimmt sich Freud, der an unheilbarem Gaumenkrebs leidet, in London das Leben. Wichtige Werke, in denen Freud sich mit dem Judentum und der Religion auseinandersetzt, sind z. B. "Totem und Tabu" (1913), "Das Unbehagen in der Kultur" (1930) und "Der Mann Moses und die monotheistische Religion" (1939)

Nationalsozialismus und die Zeit danach

Das Riesenrad hatte bis 1938 jüdische Besitzer
Das Riesenrad hatte bis 1938 jüdische Besitzer

Die Nationalsozialisten erfinden den Antisemitismus nicht. Antisemitische Ideologien und antisemitische Ausschreitungen hat es in der Geschichte immer wieder gegeben. Neben dem traditionell christlichen Antisemitismus entsteht im 19. Jahrhundert ein rassistisch-völkischer Antisemitismus. Nach der Besetzung Österreichs im März 1938 findet die nationalsozialistische Verfolgungspolitik gegenüber Juden also einen "gut aufbereiteten Boden". 

 

Der Nationalsozialismus bedeutet für die 200 000 in Österreich lebenden Juden (der Großteil von ihnen lebt in Wien) Verfolgung und Entrechtung. Menschen, die nicht rechtzeitig ins Ausland fliehen können, werden großteils in Konzentrationslager deportiert. Nur wenige können im Untergrund überleben. Nach 1945 gibt es in Österreich praktisch kein jüdisches Leben mehr. In der österreichischen Gesellschaft gibt es - im Unterschied zur Bundesrepublik Deutschland - bis in die 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts kaum Bemühungen, jüdische Exilanten nach Österreich zurückzuholen oder jüdische Gemeinden zu fördern. Die These vom "ersten Opfer des Nationalsozialismus" führt dazu, dass der Holocaus vor allem als deutsches Thema betrachtet wird und keine wirkliche Auseinandersetzung mit der eigenen Mitverantwortung passiert. Erst 1991 - im Zuge der so genannten Waldheim-Affäre - bekennt sich der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky ausdrücklich zur Mitverantwortung Österreichs

 

Während des Kalten Kriegs (bis 1989) hat Österreich vor allem eine Rolle als "Durchgangsstation" für viele Juden, die aus kommunistischen osteuropäischen Staaten auswandern wollen. Deren Ziel ist aber meistens Israel oder die USA. Nur wenige bleiben in Österreich. Das ändert sich nach 1990 langsam. Die österreichische Politik bemüht sich aktiver, in Österreich, vor allem in Wien, wieder jüdische Gemeinden zu fördern. Heute gibt es v.a. in Wien wieder eine lebendige jüdische Tradition. Ungefähr 10 000 WienerInnen bekennen sich zum Judentum. Sie gehören unterschiedlichen Gemeinden - zum Teil sehr traditionellen orthodoxen Gemeinden, zum Teil liberalen Gemeinden - an. Kleine jüdische Gemeinden gibt es z. B. auch in Innsbruck, in Salzburg und in Graz. 

 

Jüdisches Wien heute ...

Stadttempel (Synagoge) in der Seitenstettengasse im 1. Bezirk
Stadttempel (Synagoge) in der Seitenstettengasse im 1. Bezirk

In Wien leben heute zirka 8000 Menschen, die sich zum Judentum bekennen. Das sind ungefähr 0,5 Prozent der Menschen, die in Wien leben. Trotz der kleinen Zahl ist jüdisches Leben in Wien heute wieder deutlich spürbar, vor allem wenn man durch die Innenstadt oder durch den 2. Bezirk (Josefstadt) geht. 

 

Traditionelles Zentrum des religiösen Lebens in Wien ist der Stadttempel in der Seitenstettengasse im 1. Bezirk. Er ist ein Gründerzeit-Bau und ist - im Unterschied zu fast allen anderen Synagogen - in der Zeit des Nationalsozialismus nicht zerstört worden; einerseits weil er von außen gar nicht als Tempel erkennbar ist, andererseits weil ein Niederbrennen für die Nachbarbauten zu gefährlich gewesen wäre. 

 

Daneben gibt es in Wien heute wieder einige koschere Geschäfte und Restaurant, eine jüdische Schule, jüdische Kulturvereine uam. 

 

Arbeitsblätter Judentum

Download
140325_film_aufdemwegzumrabbi.docx
Microsoft Word Dokument 20.3 KB
Download
Arbeitsblatt Grundlegendes zum Judentum als Kultur und Religion in Kurzform
140506_arbeitsblatt_factsheet_judentum.d
Microsoft Word Dokument 19.1 KB

Internetlinks