Bildimpressionen

Zen-Lehrer über den Zen-Buddhismus

 „Zen ist keine Lehre. Zen ist ganz wesentlich eine Erfahrung. 'Hier und Jetzt' ist der Schlüsselbegriff überhaupt: das Wichtigste ist die Gegenwart. Die meisten unter uns haben die Neigung, ängstlich an die Vergangenheit oder die Zukunft zu denken. Sich hier und jetzt konzentrieren - das ist es, was Zen uns zu lehren hat." (Deshimaru, "Za-Zen, die Praxis des Zen")

 

"Zen ist ausdrücklich kein System, das sich auf Logik und Analyse gründet. Es gibt weder heilige Bücher noch dogmatische Lehrsätze, noch irgendwelche symbolische Formeln, die das Wesen des Zen zugänglich machen könnten. Was immer für Lehren es im Zen gibt, sie kommen aus dem eigenen Inneren jedes einzelnen. Wir selbst sind unsere Lehrer; Zen weist nur den Weg." (S. Suzuki: Die große Befreiung)

 

"Während man übt, darf man nichts erreichen wollen, was es auch sei. Ohne Zweckgerichtetheit ist es allein Konzentration auf die Haltung von Körper und Geist und die Atmung." (Deshimaru)

 

"Beim Sitzen in Zazen lässt man die Bilder, die Gedanken und alle geistigen Gebilde, die aus dem Unbewussten auftauchen, vorbeiziehen wie Wolken am Himmel - ohne sich ihnen zu widersetzen, ohne sich an sie zu klammern. So gelangt man zum tiefen Unbewussten, das ohne Gedanken ist, jenseits allen Denkens ('hishiryo'), wahre Reinheit." (Deshimaru)

 

 

„Wenn jemand an eine besondere Religion glaubt, richtet sich seine Einstellung gewöhnlich mehr und mehr von ihm selbst weg. Auf unserem Weg richtet sich die Einstellung auf uns selbst.“ (S. Suzuki)

 

Koans (Zen Geschichten)

Zen-Schüler bleiben mindestens zehn Jahre bei ihrem Meister, bevor sie es wagen können, andere zu belehren. Nan-in erhielt Besuch von Tenno, der, nachdem er seine Lehrzeit hinter sich gebracht hatte, ein Lehrer geworden war.Der Tag versprach regnerisch zu werden, darum trug Tenno Holzschuhe und hatte einen Regenschirm bei sich. Nachdem ihn Nan-in begrüßt hatte, bemerkte er: "Ich nehme an, du hast deine Holzschuhe im Vorraum gelassen. Ich möchte gerne wissen, ob dein Regenschirm links oder rechts von den Holzschuhen steht" Tenno wusste in seiner Verwirrung keine sofortige Antwort zu geben. Er erkannte, dass er nicht in der Lage war, sein Zen in jeder Minute bei sich zu haben. Er wurde Nan-ins Schüler, und er studierte sechs weitere Jahre, um sein Jede-Minute-Zen weiter zu vervollkommnen.

 

Nan-in, ein japanischer Meister der MEJI-Zeit (1868 bis 1912) , empfing den Besuch eines Universitätsprofessors, der etwas über Zen erfahren wollte. Nan-in servierte Tee. Er goss die Tasse seines Besuchers voll und hörte nicht auf, weiterzugießen. Der Professor beobachtete das Überlaufen, bis er nicht mehr an sich halten konnte. "Es ist übervoll. Mehr geht nicht hinein!" „So wie diese Tasse“, sagte Nan-in, „sind auch Sie voll mit Ihren Meinungen und Spekulationen. Wie kann ich Ihnen Zen zeigen, bevor sie Ihre Tasse geleert haben?“

 

Beispiele für ganz kurze Koans: 

Ein Mönch fragte Joshu in allem Ernst: "Hat ein Hund Buddhanatur oder nicht?" Joshu sagte: "MU!"

 

Ein Mönch fragte Tozan: "Was ist Buddha?" Tozan antwortete: "Masagin" (Drei Pfund Flachs).

 

Ein Mönch fragte Unmon in allem Ernst : "Was ist Buddha?" Unmon sagte: "Kanshiketsu!“ (Ein vertrockneter Kot-Spatel!)

 

 

Ein Mönch fragte: „Was ist Buddha?“ Goso sagte: "Am Beispiel erläutert ist es so, als ob eine große Kuh durch ein vergittertes Fenster ginge. Hörner, Kopf und die vier Beine sind schon durch. Warum kann ihr Schwanz nicht auch noch durchkommen?"

Die Theorie im Hintergrund

Was ist Zen-Buddhismus?

 

  • V.a. in Japan und in Teilen Chinas verbreitete Form des Buddhismus; daneben gibt es Zen-Traditionen auch in Taiwan, Korea, Vietnam, aber auch im Westen (USA, Europa)
  • Bekannte Zen-Autoren sind z. B. Thich Nhat Hanh (Bücher über Achtsamkeit, …) oder Alan Watts („Vom Geist des Zen“)
  • „Zen“ (von chin. „chan“) bedeutet „Zustand höchster meditativer Versenkung“;
  • Zen ist also eine Richtung, in der es v.a. um die praktische Übung der Meditation geht. Die „Philosophie im Hintergrund“ ist mehr oder weniger unwichtig à Meditationspraktiken: Sitzmeditation (ZaZen); Gehmeditation; meditatives Bogenschießen; Tee-Zeremonie; Garten rechen, …
  • Ziel: Achtsamkeit = absolute Konzentration auf die Gegenwart / auf das Hier-und-Jetzt
  • Starke Sprachskepsis; Annahme, dass das, worauf es ankommt, mit einem theoretischen Konzept / auf dem Weg der Sprache nicht erfasst werden könne à KOANS: „unlogische“ Geschichten, die zeigen sollen, dass erst durch die Überwindung der normalen Denklogik in der Erfahrung Erkenntnis möglich ist

 

Grundannahmen im Zen-Buddhismus

 

  • Handeln hat Vorrang vor dem Denken; aber: der Zen-Buddhismus verdammt das Denken nicht, sondern will ein Denken, das auf mehr gründet als nur auf Worten
  • Meditative Praxis (Übung) ist der Weg zur „Erlösung“ à Übungstechniken wie ZaZen (Sitzmeditation), Gehmeditation, Achtsamkeitsübungen, Bogenschießen, Tee-Zeremonie, Garten-Rechen, …
  • Erlösung im Diesseits durch absolute Fokussierung auf das Hier-und-Jetzt; durch Geschehen-Lassen; durch Achtsamkeit; Ziele des Zen-Buddhismus sind rein diesseitig: das Ziel des Lebens ist in der Welt; es geht um Erlangen von Frieden und Gelassenheit; Erlangen der Buddha-Natur; Erlangen von Alleinheits-Bewusstsein im Augenblick
  • Sprachskepsis: Spirituelle Erfahrung, die jeder Mensch individuell macht; diese kann nicht philosophisch beschrieben // erklärt werden, wir müssen sie individuell erfahren; will meditatives statt kognitives Bewusstsein (das Bild einer Lasagne kann nicht satt machen)
  • Fundamentales Misstrauen gegen das Abstrakte und gegen die Versuche, Wahrheit sprachlich / theoretisch zu fassen
  • Sowohl-als-auch-Logik anstelle der westlichen Entweder-Oder-Logik: Wirklichkeit ist nicht dual, es gibt Gegensätze, aber sie sind aufeinander bezogen / voneinander abhängig; so ist vor allem auch Leid // Schmerz // Negatives // Tod zu betrachten
  • Metaphysik: Die Welt existiert nur in der Wahrnehmung; Wahrnehmung besteht aus Wahrnehmendem, Wahrnehmungsprozess und Wahrgenommenem; diese bilden im Idealfall eine Einheit è keine Grenzen im Moment des Wahrnehmens
  • Raum: Entfernung ist subjektiv; Zeit: alles ist Gegenwart; Vergangenheit existiert nur in der Erinnerung; Zukunft existiert nur in unseren Hoffnungen, Befürchtungen, Ängsten;
  • Die Wirklichkeit ist nicht objektiv; die Wirklichkeit ist nicht mit den Begriffen von der Wirklichkeit identisch

 

Wege, um das Ziel der Buddha-Natur zu erreichen

 

  • Disziplin und Übung; Voraussetzung dafür ist, das Netz der Begierden zu zerreißen (ist keine Philosophie des Nicht-Denkens; es geht darum, das Leben geschehen zu lassen); Beispiel: Bogenschießen
  • IM TAO DENKEN (Denken, das nicht begrifflich ist): Begriffe è verführen zu Vorurteilen è Unterscheidungen // Grenz-Ziehungen (der Tisch statt ein Tisch) è Kategorisierungen und Bewertungen statt Wahrnehmungen; in Wirklichkeit existieren nur Gegensätze, die füreinander wirken und aufeinander bezogen sind,  und keine Urteile
  • KOAN (japanisch): paradoxe Frage, z. B. „Zeig mir das Gesicht, das du hattest, bevor du geboren wurdest“, „Zeig mir das Klatschen einer einzigen Hand“; Mittel, damit Schüler aufhören, intellektuell zu denken
  • SATORI (= jap. Erleuchtung, besser: Einsicht); bekommt man nur, wenn man aufhört, intellektuell zu denken: Satori, die das ganze Leben dauert // absolut intensiv ist,  wäre NIRWANA, ist aber nicht zu erreichen
  • ZA ZEN (= sitzen): Meditieren im Sitzen; Sinn: man sollte zur Ruhe kommen und sich anschauen, was im Kopf vorbeizieht, ohne zu urteilen
  • ACHTSAMKEIT: Konzentration auf den Augenblick, auf das momentane Tun; leben, als ob es der letzte Tag im Leben wäre; das Staunen wieder lernen; dankbar sein
  • WU WEIGH: hingebungsvoll Handeln, ohne an Ergebnisse zu denken; die Dinge ganz // mit ganzer Hingabe tun