Ein Fallbeispiel ...

Martina (16) und Michael (17) haben sich auf einer Party kennen gelernt und sich gleich ineinander verliebt. Beide haben vorher schon kurze Beziehungen gehabt, aber es war jeweils nichts Ernstes. Jetzt ist es anders. Nach ein paar Wochen sind sie sich eines Abends sehr nahe gekommen und sie haben miteinander geschlafen. Sie haben vorher darüber nicht geredet gehabt und der Abend ist  so auch nicht geplant gewesen. Martina hat zwar daran gedacht, dass sie eigentlich ein Verhütungsmittel brauchen würden, aber sie hat sich nichts zu sagen getraut. Jetzt geht es ihr sehr schlecht. Vor allem weil sie Angst hat, schwanger zu sein. Sie macht sich selbst Vorwürfe. Sie geht noch zur Schule, ist selbst noch nicht wirklich erwachsen und kann sich nicht vorstellen, jetzt ein Kind zu bekommen. Auf der anderen Seite war sie bis jetzt immer gegen Abtreibungen...

Schwangerschaftskonflikte ...

Buch zum Thema "Ungewollte Schwangerschaft"
Buch zum Thema "Ungewollte Schwangerschaft"

Trotz sicherer Verhütungsmöglichkeiten kommt es immer wieder zu ungewollten Schwangerschaften. Wenn eine Frau (oder ein Paar) in einer Lebenssituation ist, in der ein Kind (noch) nicht "eingeplant" ist, führt dies zu einer sehr schwierigen Situation. In sehr kurzer Zeit muss eine Entscheidung darüber getroffen werden, ob das Kind zur Welt kommen kann oder ob ein Schwangerschaftsabbruch in der Situation die bessere (oft: die weniger schlechte) Alternative ist.

 

Sich trotz schwieriger Lebensumstände für ein Kind zu entscheiden, hat tief greifende "Einschnitte" in die eigene Lebensplanung (vor allem der werdenden Mutter) zur Folge. Die eigene schulische oder berufliche Entwicklung kann in Frage stehen; die Wohnsituation kann ungeklärt sein; eventuell weiß die werdende Mutter, dass sie ihr Kind ohne den Vater wird aufziehen müssen; eventuell ist unklar, ob die Beziehung stabil genug für die neue Situation ist; die finanzielle Situation kann schwierig sein etc. Auf der anderen Seite können auch ursprünglich ungeplante Kinder geliebte Kinder werden, die für ihre Eltern eine große Bereicherung sind. 

 

Die Entscheidung für oder gegen ein Kind fällt keiner Frau leicht. Sie steht unter großem Zeitdruck, manchmal bleiben nur einige wenige Tage für eine Entscheidung. Wer ungewollt schwanger ist, braucht in erster Linie Beratung und Unterstützung. Ideal ist, wenn es diese Unterstützung im eigenen familiären Umfeld gibt. Daneben gibt es aber auch Institutionen, die eine wertneutrale Konfliktberatung anbieten, sodass die schwangere Frau nicht in die eine oder in die andere Richtung gedrängt wird, sondern sich selbst nach ihren eigenen Wertmaßstäben und nach ihrer eigenen persönlichen Situation entscheiden kann. 

Schwangerschaftsabbruch - die grundlegende Situation

Kampagne für die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs (70er-Jahre des 20. Jh)
Kampagne für die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs (70er-Jahre des 20. Jh)

Schwangerschaftsabbrüche hat es in der Geschichte immer gegeben, auch wenn sie verboten waren und strafrechtlich verfolgt wurden. Frauen aus wohlhabenden Milieus haben wohl immer auch Ärzte gefunden, die - meist gegen ein entsprechendes Honorar - einen Schwangerschaftsabbruch unter relativ sicheren Bedingungen durchgeführt haben. Frauen aus sozial prekären Milieus waren auf "Engelmacherinnen" angewiesen oder versuchten selbst einen Abbruch durchzuführen. Das barg große gesundheitliche Risiken. Viele Frauen verletzten sich oder infizierten sich. Weil sie - aus Angst vor strafrechtlicher Verfolgung und Gefängnis - bei Komplikationen erst spät oder  gar nicht ärztliche Hilfe suchten, endeten Schwangerschaftsabbrüche auch immer wieder tödlich. 

 

In vielen europäischen Staaten kommt es in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts zu politischen Bewegungen, die ein Recht auf einen legalen und straffreien Schwangerschaftsabbruch fordern. In den meisten Staaten kommt es zu Regelungen, die eine Möglichkeit zu einem straffreien Schwangerschaftsabbruch vorsehen. In Österreich tritt ein entsprechendes Gesetz 1975 in Kraft. Dieses Gesetz wird von der SPÖ-Alleinregierung gegen massive Widerstände aus den konservativen Parteien (vor allem der ÖVP) und der katholischen Kirche (Volksbegehren gegen die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs mit zirka einer Million Unterschriften) durchgesetzt. 

 

Parallel zur Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs wird aber auch eine Reihe von sozialen Unterstützungen für schwangere Frauen beschlossen. Diese sollen erreichen, dass Frauen nicht aus finanziellen Gründen gezwungen sind, sich für einen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden. Zu diesen Maßnahmen zählen z.. B. Mutterschutz, Kündigungsschutz für schwangere Frauen, Karenzregelungen und Karenzgeld, Geburtenbeihilfe (inzwischen wieder abgeschafft), Kindergeld, ... Was in Österreich allerdings - aus heutiger Sicht - zu lange versäumt worden ist, ist, eine Vereinbarkeit von Kindererziehung und Berufstätigkeit (v.a. durch genügend Kinderbetreuungsangebote) offensiv zu fördern.

 

Da ist Österreich Schwangerschaftsabbrüche statistisch nicht erfasst werden, gibt es keine verlässlichen Zahlen über die Häufigkeit eines Schwangerschaftsabbruchs und über die zahlenmäßige Entwicklung. 

 

Wichtig ist, dass in der österreichischen Regelung ausschließlich die schwangere Frau entscheidet, ob sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen möchte. Das ist ein wichtiger Unterschied zur rechtlichen Lage in der BRD, wo eine Indikationsregelung gilt. Dort muss von einer dazu berechtigten Organisation eine Indikation für einen Schwangerschaftsbbruch festgestellt werden. Meistens ist dies eine soziale Indikation, also die Feststellung, dass die schwangere Frau sich in einer sozialen Notlage befindet. 

Schwangerschaftsabbruch - die rechtliche Situation

Schwangerschaftsabbruch ist in Österreich in den §§96ff im Strafgesetzbuch geregelt.

 

Grundsätzlich gilt dass ein Schwangerschaftsabbruch in Österreich (was viele nicht wissen) verboten ist und strafrechtlich sanktioniert wird (Höchststrafe drei Jahre Gefängnis) (§96).

 

Entscheidend für die Praxis ist allerdings der §97, der besagt, dass ein Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten Bedingungen nicht strafbar ist. Die konkreten Bedingungen sind (§97.1)

  • vor dem Schwangerschaftsabbruch muss eine ärztliche Beratung stattgefunden haben
  • ein Schwangerschaftsabbruch darf nur von einem Arzt / einer Ärztin vorgenommen werden
  • der Schwangerschaftsabbruch  muss innerhalb der ersten 12 Schwangerschaftswochen erfolgen (Fristenregelung)

§97.2 hebt die 12-Wochenfrist unter bestimmten Bedingungen auf. Diese sind

  • Abwendung einer Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der schwangeren Frau
  • "ernste Gefahr", dass das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein wird
  • die schwangere Frau ist zum Zeitpunkt der Schängerung unmündig (also unter 14)

Wichtig ist auch §98, der besagt, dass jeder Arzt / jede Ärztin nach ihrem eigenen ethischen Verständnis entscheiden darf und muss, ob sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen möchte. Kein Arzt darf zu einem Schwangerschaftsabbruch gezwungen werden. Kein Arzt darf Nachteile dadurch erfahren, dass er Schwangerschaftsabbrüche durchführt. 

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Arbeitsblatt Schwangerschaftsabbruch
Filmzusammenfassung und Diskussion zum Film über Schwangerschaftsabbruch
130320_Filmzusammenfassung Schwangerscha
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Schwangerschaftsabbruch aus ethischer Sicht
130322_Schwangerschaftsabbruch_Zusammenf
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Internetlinks

Broschüre zum Thema

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Broschüre zum Thema ungewollte Schwangerschaft und Schwnagerschaftsabbruch
Broschuere Spuren im Leben 2013 Mail.pdf
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