Exkurs: Achilles und die Schildkröte. 

Ein Gedankenexperiment, das es in sich hat ... 

Wir alles wissen, dass die Griechen die sportlichen Wettkämpfe der Olympiade erfunden und die Sieger in diesen Wettkämpfen als Helden verehrt haben. Weniger bekannt ist, dass es Wettkämpfe auch im Bereich des Geistigen gegeben hat, die das Publikum mit großer Begeisterung verfolgt hat. So sind viele griechische Theaterstücke für Wettkämpfe geschrieben worden. Und wir dürfen mit einiger Sicherheit annehmen, dass es auch philosophische Wettkämpfe gegeben hat, in denen Vertreter unterschiedlicher philosophischer Positionen in einem Wettkampf gegeneinander angetreten sind. Gewonnen hat, wer ein Argument vorgebracht hat, das von seinem Widersacher argumentativ nicht widerlegt werden konnte, wenn er sich noch so sehr daran die Zähne ausgebissen hat.


Möglicherweise ist auch das Gedankenexperiment von Achilles und der Schildkröte in einem solchen Wettkampf ins Rennen geschickt worden. Erfunden hat es der Philosoph Zenon von Elea, ein Schüler des Parmenides, der ja bekanntlich die Existenz von Veränderung leugnet. Und um diese Position zu beweisen, denkt sich Zenon mehrere sehr raffinierte Gedankenexperimente aus. Sie alle sind Paradoxien. Das heißt, sie sind so aufgebaut, dass die Annahme von Veränderung (und Bewegung als Beispiel für Veränderung) zu unhaltbaren und in sich widersprüchlichen Konsequenzen führt. Damit wäre dann indirekt bewiesen, dass es Veränderung logisch nicht geben kann und damit auch praktisch nicht gibt. 


Dieses Gedankenexperiment, das von Zenon entwickelt worden ist, um die Gegner des Parmenides mundtot zu machen, ist tatsächlich so raffiniert, dass große Denker sich viele, viele Jahre lang die Zähne daran ausbeißen, ohne dass es ihnen gelingt, den mathematisch-logischen Haken, der in diesem Argument steckt, zu aufzudecken. Zenon will - wie gesagt - zeigen, dass die Annahme von Veränderung und Bewegung zu absurden Konsequenzen führt. Das würde den Schluss nahe legen, dass es Veränderung eben nicht gibt und dass Parmenides mit seiner Behauptung, Vorstellungen von Veränderung seien nur "doxa" also Irrlehre oder Vorurteil, Recht hätte.

 

Das Gedankenexperiment geht folgendermaßen:

 

Achilles -  bekannterweise der schnellste Läufer Griechenlands - und eine Schildkröte - bekannterweise nicht grad das schnellste aller Tiere - machen einen Wettlauf. Der Fairness halber bekommt die Schildkröte einen kleinen Vorsprung.

 

Wer gewinnt das Rennen? „Logo. Achilles“, sagen die Gegner von Zenon / Parmenides. „Und ich beweise euch mit Hilfe der Vernunft, dass Achilles die Schildkröte gar nicht überholen kann“, kontert Zenon.

Wie argumentiert er?

 

Achtung: zuerst selber überlegen, dann nachlesen, zum Beispiel hier .


Arbeitsaufgaben

A1: Verfasse einen kleinen biographischen Steckbrief zu Zenon von Elea. 
A2: Erkläre, worum es im Gedankenexperiment von Achilles und der Schildkröte geht. Erkläre, welcher philosophische Streit im Hintergrund ist. Erkläre, wie die "Beweisführung" von Zenon geht. Erkläre, wodurch es aus heutiger Sicht möglich ist, die Argumentation des Zenon zu widerlegen und die Idee der Veränderung somit zu "retten". 
A3: Veranschauliche die Argumentation des Zenon mithilfe einer Skizze. 

Internetlinks