Kultur und Judentum

Allgemeines

In den 2000 Jahren der jüdischen Diaspora hat sich ein vielfältiges kulturelles Leben entwickelt. in dem es immer wieder Anknüpfungspunkte an die zentralen Elemente des jüdischen Glaubens gibt, das aber - durch die sehr unterschiedlichen kulturellen Einflüsse durch die jeweiligen Mehrheitsgesellschaften - auch sehr vielschichtig ist. Das orientalische Judentum unterscheidet sich vom europäisch geprägten Judentum. Innerhalb Europas haben die aus Spanien stammenden Sepharden und die Aschkenasim jeweils eine eigene Sprache und eigene kulturelle Traditionen entwickelt.

 

Zentrale Bezugspunkte für die jüdischen Kulturen sind religiöse Feste im Jahreslauf und im Lebenslauf, aber auch Themen des Alltagslebens. 

Jiddisch. Die Sprache der aschkenasischen Juden

Die ursprünglich aus Mitteleuropa stammenden Juden sprechen traditionellerweise Jiddisch. Jiddisch ist eine Mischung aus deutschen und hebräischen Begriffen. Geschrieben wird Jiddisch in hebräischer Schrift. Einige Begriffe, die ursprünglich aus dem Jiddischen kommen, haben sich in der deutschen Sprache erhalten. Ein paar Beispiele: 

  • Bammel (einen Bammel vor etwas haben)
  • Beisel (ein einfaches Gastlokal)
  • betucht (bedeutet heute wohlhabend, ursprünglich aber eher vertrauenswürdig, sicher)
  • Chuzpe (Frechheit, Dreistigkeit)
  • Ezzes geben (jemandem einen Ratschlag geben, aber auch: jemandem die Meinung sagen)
  • Ganove (Gauner)
  • Kaff (kleines, unbedeutendes Dorf)
  • kess (frech, frivol; z. B. ein kesses Mädchen)
  • koscher (im Sinn von sauber, unbedenklich)
  • malochen, Maloche (eher in D., arbeiten, schwere körperliche Arbeit)
  • Massel (Glück; massel tov bedeutet: Viel Glück)
  • meschugge (ein bisschen verrückt)
  • Mischpoke (Familie)
  • Ramsch (Gerümpel)
  • Schickse (ursprgl. nicht-jüdisches Mädchen)
  • Schlamasssel (Unglück)
  • Schmiere stehen (Wache stehen, bewachen, aufpassen)
  • Tacheles reden (Klartext reden)
  • Techtelmechtel (Rendevous, Verabredung)
  • Zoff (Streit)
  • Zores (Ärger)

Das hebräische Alphabet wird von rechts nach links geschrieben. Es enthält nur Konsonanten und keine Vokale.

 

Es wurde schon in der Antike für die Verschriftlichung der biblischen Texte verwendet. Auch im heutigen Israel wird das Neuhebräische in hebräischen Buchstaben geschrieben. 

 

"Jahwe" wird auf hebräisch zum Beispiel so geschrieben: 

 

 

das hebräische Alphabet
das hebräische Alphabet

Musik in der jüdischen Tradition

Klezmer-Musik

Versuche die ersten drei Strophen zu übersetzen

 

shteyt zikh dort in gezele, shtil fartrakht a hayzele,

drinen oyfn boydn-shtibl voynt mayn tayer reyzele.

yedn ovnt farn hayzl drey ikh mikh arum,

kh´gib a fayf un ruf oys: reyzel kum, kum, kum !

 

efnt zikh a fenzterl, vakht oys alte hayzele,

un bald klingt in shtiln gezl a ziz kol, z red reyzele:

nokh a vayle vart mayn liber bald ver ikh zayn fray.

gey zikh nokh a por mal iber, eynz, tsevy, dray.

 

gey ikh mir a freylekher, zing un knak mir nizelekh,

her ikh oyf di treplekh shrpingen ire drobne fizelekh.

shoyn arop fun letstn trepl kh´nem zi lib arum.

kh´gib ir shtil a kush in kepl, kum, kum, kum.

 

kh´vel dikh betn dovidl, zolzt aroyf nisht fayfn mer.

herzt, er fayft shoyn vider zogt di mame. zi´z frum´z

fardrizt zi zeyer. fayfn zogt zi iz nisht yidish, z´pazt

nor bloyz far zey. gib a tseykhn prozt oyf yidish, eynz, tsvey, dray.

 

kh'vel aroyf nit fayfn mer, deroyf gib ikh a shvuele,

dir tsulib vel ikh afile vern frum, mayn tsnuele.

kh´vel zayn ven du vilzt nor reyzel vi dayn mame frum,

yedn shabes geyn in kleyzl, kum kum kum.

 

kh´gloyb ez dir mayn libinker un derfar dir dovidl,

shrik ikh a sheyn tfilin-zekl mit a mogn-dovidl.

ven´z gefelt in kleyzl zogn zolztu zey: z´hot

geshtrikt mayn libe Reyzel, eynz, tsvey, dray.

 

kh´dank far dayn matonele, kh´lib azoy dikh reyzele,

kh´lib dayn mame, kh´lib dos  gezl, kh´lib dos

alte hayzele. kh´lib di shteynlekh lebn hayzl,

tretst oyf zey arum, her dayn mame ruft shoyn

rezsel kum, kum, kum.

 

gey ikh mir a feylekher, zing un knak mir nizelekh,

her ikh oyf die treplekh loyfn ire drobne fizelekh.

vider shteyt fartrakht dos hayzl, z gezl vider shtum.

kum tsu mir in kholem, reyzel, kum, kum, kum.

 


Klezmer-Musik ist die volkstümliche Musik der aschkenasischen Juden. Traditionell wird sie mit Instrumenten, die günstig und mobil sind - also vor allem die Violine oder Cello, aber auch mit Hackbrett oder Blasinstrumenten - gespielt. Teilweise ist sie instrumental. Es gibt aber auch eine Reihe von Liedern, deren Texte in jiddischer Sprache  gesungen werden. 

 

Klezmer-Musik wurde (und wird) vor allem zur Unterhaltung im Rahmen von Festen - beispielsweise bei Hochzeiten -, aber auch im Alltag gespielt und gesungen. Viele Musikstücke sind ursprünglich Tanzmusik. Heute hat sie sich vielfach weiterentwickelt. Die Melodien werden neu arrangiert. Die Texte werden aber großteils immer noch in jiddisch gesungen. 

 

Die ursprüngliche Klezmer-Tradition bricht durch die Shoa fast ab und die Musik wird erst in den 70er-Jahren, vor allem in den USA, wiederentdeckt. Heute gibt es viele MusikerInnen, die Klezmer-Musik neu interpretieren. 

Der bekannte israelische Musiker Giora Feidmann arrangiert traditionelle Klezmer-Musik mit modernen Jazz-Elementen.


Shma Israel

Schma Israel ("Höre Israel")

"Höre Israel" ist vermutlich der wichtigste religiöse Text, der vertont worden ist. Er beinhaltet den Kern des jüdischen Selbstverständnisses, vor allem die Referenz auf die Einheit und Einzigartigkeit Gottes und den Bund zwischen Gott und seinem Volk. 

Der Text bezieht sich aber auch auf traditionelle religiöse Gebote wie das tägliche Beten, die Tefillin (Gebetsriemen), die Zizit (Fäden an den Gebetsmänteln), die Mesusa (Kapsel an den Türstöcken u.a.m.

 

Ein wichtiges Element ist auch der Auftrag, die eigene Religion und die eigenen Traditionen an die nächste Generation weiterzugeben. 

 

In der literarischen und der philosophischen Auseinanderetzung mit dem Judentum, insbesondere auch mit der Shoa, spielt der Text immer wieder eine wichtige Rolle.


koschere Küche

Gefilte Fish gibt es auch als Fertig-Produkt
Gefilte Fish gibt es auch als Fertig-Produkt

"Koscher" bedeutet so viel wie "sauber" oder "rein". Wenn es ums Essen geht, sind damit die jüdischen Vorschriften über das Essen gemeint, die im Detail sehr kompliziert sind. Eigentlich heißen diese Speisegesetze "Kashrut". Streng orthodoxe Juden halten sich strikt an diese Vorschriften, liberale Juden beachten sie kaum noch. Koscheres Essen ist dann eher eine Frage der Tradition als der religiösen Verpflichtung. 

 

Zunächst einmal gibt es "reine" und "unreine" Tiere. Zu letzteren zählt insbesondere das Schwein, aber z. B. auch bestimmte Fische. Rein sind Tiere, die sowohl Paarhufer, als auch Wiederkäuer sind, also z. B. Rinder, Ziegen oder Schafe. Wassertiere müssen sowohl Flossen als auch Kiemen haben, weshalb Krustentiere wie Krebse oder Muscheln eher nicht auf den Teller  kommen. 

 

Dann müssen Tiere, die gegessen werden dürfen, auch auf eine bestimmte Art geschlachet, nämlich geschächtet werden. Dabei geht es darum, dass kein Blut zurückbleiben darf, weil das Blut beseelt sein soll und deshalb keinesfalls verzehrt werden darf. 

 

Wichtig ist auch, dass Milch und Fleisch nicht miteinander in Berührung geraten dürfen. Fleisch mit einer Rahmsouce ist also in der jüdischen Küche ein absolutes "no-go". In strengen Hauhalten gibt es zwei völlig getrennte Küchen, eine Fleischküche und eine Milchüche. In weniger strengen Haushalten wird zumindest das Geschirr fein säuberlich getrennt. Gemischt werden können Fleisch und Milchprodukte mit neutralen Lebensmitteln, also beispielsweise Gemüse oder Getreide. 

 

Streng orthodoxe Juden essen nur etwas, was von einem eigenen Zertifizierer (Hechscher) als koscher zertifiziert worden ist. Zertifiziert werden muss insbesondere alles, dessen Herstellung für den Endverbraucher nicht genau durchschaubar ist, also z. B. Wein, Schokolade, Käse u.a.m.

 

Die Speisevorschriften sind dort, wo sie streng beachtet werden, ein wichitges Instrument der Ghettoisierung. Wer außerhalb der eigenen Communitiy Gefahr läuft zu verhungern, bleibt unter seinesgleichen. In nicht so strenggläubigen Milieus sind sie einfach eine kulturelle Tradition, aus der sehr interessante Speisen und Menüs hervorgegangen sind. Am bekanntesten sind wahrscheinlich "Gefilte Fish". 

 

jüdische Feste

Im Judentum gibt es zahlreiche Feiertage und Feste. Alle haben eine rituelle Bedeutung und eine wichtige identitätsstiftende Funktion im Judentum.

 

Das wichtigste Fest ist das Pessach-Fest, das an den Auszug der Juden aus Ägypten und an das Ende der Sklaverei erinnert. Gleichzeitig erinnert es an das Versprechen, dass eines Tages der Messias kommen werde. Die Kernzeremonie, die meist im Familienkreis begangen wird, läuft nach einem strikten Muster ab und jedes Element hat eine genau festgelegte religiöse Bedeutung. 

 

Andere Feste und Feiertage im Jahreskreis sind z. B. das Laubhütten-Fest (Sukkot) im Herbst, das Chanukka-Fest (Lichterfest) in der Nähe der Wintersonnenwende, das Neujahrsfest (Rosch-ha-Schana), der Versöhnungstag (Yom Kippur) u. a.m. 

 

Wichtige rituelle Feste im Lebenslauf sind die Beschneidung der Knaben (Erneuerung des Bundes, den Abraham mit Gott geschlossen hat; muss am 7. Tag nach der Geburt vollzoge werden), Bar Mizwa oder Bat Mizwa (Sohn des Herrn / Tochter des Herrn; Aufnahme als erwachsenes Mitglied in die Gemeinde, zentraler Punkt: Vorlesen aus der Thora in der Synagoge) und  die Hochzeit. Auch die Beerdigung erfolgt nach strengen rituellen Vorschriften. 

Shabbat

Der Shabbat (Ruhetag, siebter Tag) ist der Tag, an dem Gott dem biblischen Schöpfungsbericht zufolge mit seiner Schöpfung fertig war und sich ausruhte. Demzufolge sollen auch die Menschen am siebten Tage ruhen und alle profanen Tätigkeiten einstellen. 

 

Der Shabbat beginnt am Freitag Abend bei Sonnenuntergang und endet am Samstag mit dem Untergang der Sonne. Orthodoxe Juden müssen am Shabbat vor allem eine Menge Tätigkeiten unterlassen, vor allem diejenigen, die Arbeit bedeuten. Beispielsweise dürfen sie nur eine bestimmte Anzahl von Schritten gehen, kein Feuer entzünden, keine landwirtschaftliche Arbeit verrichten, keine Speisen zubereiten uam. Außerdem ist Autofahren, Fernsehen, Musik hören und vermutlich auch Internet-Surfen am Shabbat nicht gestattet. Im Kern soll der Shabbat vor allem der Spiritualität und der Besinnung dienen. 

 

Streng orthodoxe Juden in Israel erwarten teilweise, dass am Shabbat das öffentliche Leben stillsteht und dass z. B. keine Busse mehr fahren dürfen. Naturgemäß kommt es dadurch immer wieder zu Auseinandersetzungen mit weniger frommen Juden, die sich ihr Wochenend-Vergnügen nicht verbieten lassen wollen. 


Internetlinks

  • Wikipedia über Giora Feidmann
  • Wikipedia über Klezmer-Musik
  • Wikipedia über Schma Israel
  • Planet Wissen über das kulturelle Leben im Judentum (verschiedene Themen)
  • Planet Wissen über jüdisches Alltagsleben und wichtige Rituale
  • hagalil.de; Webseite mit vielen Informationen rund um das Thema Judentum, u.a. über jüdische Feste und jüdisches Alltagsleben