Zwei konträre Positionen zum Thema

Die religionskritische Position

 

Der Pädagoge Philipp Möller kritisiert die christlichen Kirchen und fordert eine strenge Trennung von Staat und Religion. 

 

 

Die Verteidigung der Religion

 

Der deutsche Bischof Wolfgang Huber verteidigt Glauben und Religion. Er sagt, religiösen Analphatismus können wir uns nicht leisten. 

Was SchülerInnen denken ...

 

 

Was Profis denken: wichtige Argumente zur Verteidigung von Glauben und Religion

Religionen nehmen das Bedürfnis der Menschen nach Transzendenz (Grenz-Überschreitung) und Sinngebung ernst. Sie geben Antworten auf Fragen nach dem Woher und dem Wohin (Leben nach dem Tod). Ein Leben, das ohne tieferen Sinn einfach nur vom Zufall abhängig ist und mit dem Tod endet, ist für viele Menschen schwer erträglich. Auch geben Religionen Menschen in schweren Lebenskrisen Sinn und Trost und Halt.

 

Religionen bieten den Menschen Halt in einer Gemeinschaft und sichere soziale Strukturen. Damit verhindern sie Vereinzelung, aber auch soziale Kälte und sozialen Egoismus. Gerade Menschen in modernen Gesellschaften leiden unter dieser Vereinzelung.

 

Fast alle Religionen entwickeln tragfähige ethische Standards, die sicherstellen, dass der einzelne Mensch, aber auch die Gesellschaft als Ganzes vor kurzfristigem und egoistischem Handeln geschützt wird. Sie stellen sicher, dass auch schwache (alte, kranke, behinderte, …) Menschen ein Recht auf ein würdiges Leben und auf Respekt haben.

 

Religiöse Aktivitäten wie Gebet oder Meditation führen zu tiefer spiritueller Erfahrung. Ein Leben, das sich ausschließlich am wissenschaftlich und verstandesmäßig Erfassbaren orientiert und alles Mystisch-Wunderbare als Aberglaube abtut, ist vergleichsweise arm.

 

Religionen sind friedensstiftend. Fast alle Religionen kennen Gebote des Friedens und der religiösen Toleranz. Einige Religionen fordern sogar ausdrücklich die „Feindesliebe“

 

Religionen übernehmen durch die Verteilung von Nahrungsmittel, durch die institutionalisierte Hilfe für Waisen, alte Menschen, kranke Menschen, arme Menschen, …. im Auftrag der „Nächstenliebe“ wichtige soziale Funktionen. Alle Errungenschaften des modernen Sozialstaates sind ursprünglich von den Kirchen wahrgenommen worden. Und auch heute noch sind kirchliche Organisationen (z. B. die Caritas) wichtige soziale Institutionen, die sich um bedürftige Menschen kümmern. Außerdem sind kirchliche Organisationen ein Gegengewicht zu neoliberalistischen Tendenzen, die alles dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen wollen.

 

Religionen sind fundamental wichtige Kulturträger. Es gäbe keine abendländische Kultur ohne die irischen Missionare und ihre Klostergründungen. Klöster waren Jahrhunderte lang die wichtigsten Kulturträger. Griechische und arabische Philosophie wurde in den mittelalterlichen Klöstern weiter tradiert. Universitäten und Schulen wurden Jahrhunderte lang von Klöstern und Kirche geführt. Jahrhunderte lang war die Kirche zentraler Auftraggeber für Künstler in allen Bereichen. … Auch andere Religionen haben eine ähnliche kulturelle Bedeutung wie das Christentum

 

Was Profis denken: wichtige religionskritische Argumente

Das legitime Bedürfnis nach Transzendenz und Gemeinschaft wird in Glaubenssystemen oft instrumentalisiert, um Menschen auszubeuten. Beispiel dafür ist, dass die prunkvolle Hofhaltung der Renaissance-Päpste teilweise mit dem so genannten Ablasshandel (Menschen kaufen sich von ihren Sünden frei, um sich dadurch das Fegefeuer zu ersparen) finanziert worden ist. Frauen sind Jahrhunderte lang zu sozialem Altruismus im Namen des Christentums erzogen worden. Das hat dazu geführt, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse nicht mehr wahrgenommen haben. In „Sekten“ wird die Arbeitskraft von Mitgliedern ausgebeutet.

 

Die soziale Gemeinschaft, die Religionen anbieten, ist oft um den Preis der absoluten Anpassung und Unterordnung und um den Preis der Aufgabe der eigenen Identität erkauft. Das galt in unserern Breiten bis lange ins 20. Jahrhundert für alle Menschen. Das gilt heute noch für das Leben in Klostergemeinschaften (allerdings freiwillig), in denen bis heute absolutes Gehorsam gegenüber der Führung zentrales Gebot ist. Das gilt aber auch für fundamentalistische religiöse Gruppierungen, die es in allen Religionen gibt.

 

Religionen verteidigen auch fragwürdige ethische Normen unter Berufung auf die göttliche Autorität dieser Normen. Ein Beispiel dafür ist das katholische Verbot von künstlicher Empfängnisverhütung oder das katholische Scheidungsverbot.

 

Im Namen von Religionen sind zahllose Kriege geführt worden. Religiöse Glaubenswahrheiten eignen sich hervorragend, um Menschen zu instrumentalisieren und zu missbrauchen. Und charismatische fanatische religiöse Führerpersönlichkeiten schrecken davor nicht zurück. Die Geschichte Europas ist geprägt von Kriegen im Namen des Glaubens, von den mittelalterlichen Kreuzzügen über den 30jährigen Krieg bis zum religiös unterlegten Bürgerkrieg in Nordirland zwischen Protestanten und Katholiken.

 

Religionen sind ein wunderbares Instrument, Menschen zu fanatisieren und sie gegen „Andersgläubige“ aufzuhetzen. Dazu zählt eine Jahrhunderte alte Tradition eines christlichen Antisemitismus, der sich immer wieder in Pogromen entladen hat und der den rassistischen Antisemitismus des Nationalsozialismus erst möglich gemacht hat. Dazu zählt ein in vielen islamischen Communities geschürter Antisemitismus.

 

Religionen sind „Opium fürs Volk“. Das heißt, sie bringen Menschen bei, soziale Ungerechtigkeiten und Ausbeutung als „Gott gewollt“ zu akzeptieren und auf ausgleichende Gerechtigkeit und Belohnung im nächsten Leben zu hoffen. Das gilt für die Rolle, die die christlichen Kirchen bis zum Ende der Monarchien in Europa gespielt haben. Das gilt aber beispielsweise auch für große Teile des Hinduismus.

 

Religionen (z. B. das Christentum) stell(t)en sich oft in den Dienst antidemokratischer und totalitärer Regime. Das gilt für die Verbindung zwischen den europäischen Monarchien und der Kirche. Das gilt für den österreichischen „Ständestaat“. Das gilt für die Anpassung und Anbiederung der offiziellen katholischen und protestantischen Kirchen an den Nationalsozialismus. Das gilt für die europäischen und südamerikanischen Militär-Regierungen nach 1945. Das gilt für fundamentalistische christliche Kirchen in den USA, die sehr systematisch nach Einfluss auf die amerikanische Regierung anstreben. Das gilt für die heutige Verquickung von Islam und Regierung im Iran, in Saudi Arabien, …

 

Religiöse Glaubenswahrheiten können, wie man beispielsweise im Konflikt  zwischen Israelis und Palästinensern sieht - Kompromissen und pragmatischen Lösungen im Weg stehen. 

 

Besonders monotheistische Religionen kippen leicht in den Fanatismus, der jede abweichende Glaubensmeinung als „Ketzerei“ und „Irrlehre“ gnadenlos bekämpft. Die brutale Bekämpfung von so genannten Ketzern und Häretikern im Rahmen der Inquisition ist nur ein Beispiel dafür.

 

Die brutale (vor allem katholische) Missionierung in Südamerika, aber auch in Teilen Afrikas mit „Feuer und Schwert“ hat die Ausbeutung und die Versklavung von Menschen ideologisch gerechtfertigt und ursprüngliche soziale Strukturen brutal zerstört. 

 


Merlin ist schwer beschäftigt
Merlin ist schwer beschäftigt

übrigens: schwarzen Katzen wie Merlin hat man im christlichen Mittelalter immer wieder nachgesagt, dass sie mit den Mächten der Finsternis und mit dem Teufel im Bunde stünden. Deshalb sind sie nicht selten - zusammen mit angeblichen Hexen - auf dem Scheiterhaufen gelandet und verbrannt worden. Zum Glück bleibt Merlin so ein Schicksal erspart. (Für die alten Ägypter waren Katzen übrigens im Unterschied dazu heilige Tiere, vermutlich weil sie Körner fressende Mäuse gefangen und so die eine oder andere Hungersnot verhindert haben).