Warum der Anfang der Philosophie ein historischer "Glücksfall" ist ...

HistorikerInnen sind sich weitgehend in ihrer Einschätzung der Situation einig: Das, was sich im 6. Jh. v. u. Z. in der griechischen Antike entwickelt, ist ein historischer Sonderfall. Denn Hochkulturen gibt es in dieser Zeit viele im Mittelmeer-Raum (Babylonier, Ägypter, Juden, ...) und außerhalb des Mittelmeer-Raums (Persien, Indien, China). Aber keine dieser Hochkulturen entwickelt Denksysteme, die sich von mythologisch-religiösen Denksystemen löst. Keine dieser Kulturen vollzieht die schrittweise, aber fundamentale Trennung zwischen Mythos und Logos. 

Welche Rolle könnten folgende Faktoren für das Entstehen der Philosophie gespielt haben? Warum?

  • In vielen Städten (vor allem Küstenstädten) gibt es eine Schicht wohlhabender Bürger, die sich nicht mehr um den unmittelbaren Lebensunterhalt kümmern müssen. 

  • Durch Handelsbeziehungen sind Menschen in den griechischen Kolonialstädten in Verbindung mit Menschen in anderen Kulturen (z. B. Ägypten, Babylonien, wahrscheinlich auch Indien, ...) 

  • Im Unterschied zu Menschen in anderen Kulturen glauben "die Griechen", dass die Welt in ihrer Vielfältigkeit und Widersprüchlichkeit auf einem ganz bestimmten kosmischen Ursprinzip ("ARCHÉ") beruhe. Sie begreifen die Welt  vor allem als KOSMOS (= Ordnung, Struktur). Und sie glauben, dass sowohl das Leben des einzelnen Menschen als auch die Welt als auch der Kosmos eingebettet seien in eine Art grundlegendes Schicksal, in einen "tieferen Sinn" (NOUS) 

  • Im Unterschied zu anderen Gottheiten sind die griechischen Götter - zumindest seit Homer im 8. Jh. - sehr diesseitig, durchaus menschlich, auch fehlerhaft. Nur durch ihre Unsterblichkeit unterscheiden sie sich von den Menschen. 

  • Im Unterschied zu anderen Kulturen sind die Priester in vielen Städten nicht die politischen Entscheidungsträger bzw. mit ihnen nicht / nur lose assoziiert. 

  • Es gibt keine "staatliche Zentralgewalt" für den gesamten Kulturraum. Die einzelnen Städte haben zwar lose Beziehungen zu ihren "Mutterstädten", sie sind aber wirtschaftlich und politisch relativ unabhängig. Gemeinsam ist ihnen aber die Sprache und die Kultur. 

  • Die "alten Griechen" lieben die Auseinandersetzung im Wettkampf. Neben den bekannten olympischen Sportwettkämpfen gibt es auch Theaterwettkämpfe (Dionysien), rhetorische Wettkämpfe, logisch-argumentative Wettkämpfe uam. 

  • Anscheinend ist die griechische Sprache eine Sprache, die das Denken in Polaritäten und Ja-/Nein-Gegensätzen stark erleichtert. Unterstützt wird das zusätzlich durch eine Buchstabenschrift. (zum Vergleich: Bilderschrift im asiatischen Kulturraum)  
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