Was die Forschung über das Glück herausgefunden hat ...

In manchen Schulen gibt es ein Schulfach Glück ... bei uns gibt es Ethik ;-)
In manchen Schulen gibt es ein Schulfach Glück ... bei uns gibt es Ethik ;-)

Glück bedeutet für jeden etwas anderes. Die Thesen, die Dichtung, Kunst, Philosophie und Biologie dazu formuliert haben, sind vielfältig und oft widersprüchlich. Doch lässt sich nicht auch etwas Gemeinsames finden?

Der Begriff "Glück"

Die Glücksgöttin Tyche (Fortuna)
Die Glücksgöttin Tyche (Fortuna)

Das Wort „Glück“ kommt vom mittelniederdeutschen „gelucke“, was so viel bedeutet wie „gelingen“ oder „etwas gut zu Ende zu bringen“ (vgl. "glücken"; "Das ist mir geglückt")

 

In vielen Kulturen gibt (oder gab) es Glücksgöttinnen. Bei den „alten Griechen“ ist dies zum Beispiel Tyche, die gleichzeitig auch die Göttin des Schicksals und des Zufalls ist. Einige ihrer Symbole sind das Füllhorn, die Kugel oder das Rad. Der Göttin Tyche entspricht die römische Göttin Fortuna.

 

Die „alten Griechen“ bezeichnen Glück als „Eudaimonie“ (εὐδαιμονία). Der Begriff geht auf den griechischen Philosophen Aristoteles zurück und bedeutet wörtlich „einen guten Dämon/Geist haben“. Im Unterschied zum Glück, das Tyche (Fortuna) bringt, indem sie ihr Füllhorn ausschüttet, ist Eudaimonie eher ein innerer Zustand oder eine innere Haltung dem eigenen Schicksal gegenüber. Das Glück, das Tyche / Fortuna bringt, ließe sich vielleicht mit „Glück haben“ übersetzen. Das Glück der Eudämonie bedeutet eher "glücklich sein" oder "zufrieden sein".  

 

Manche Philosophen unterscheiden zwischen „Zufallsglück“, wie Tyche oder Fortuna es manchen Menschen anscheinend im Übermaß bescheren, währende andere gar nichts davon abbekommen. Das Glück, das dem Prinzip der Eudaimonie entspricht, wäre eher als „Wohlfühlglück“ zu beschreiben. Es bezieht sich auf eine innere Haltung des Zufriedenseins, des Lebens im Hier-und-Jetzt, der bewussten Wahrnehmung. Der deutsche Philosoph Wilhelm Schmidt spricht noch von einer dritten Form des Glücks, vom "Glück der Fülle". Damit meint er, dass ein Mensch dann glücklich sei, wenn er "mit sich selbst und seinem Leben im Reinen sei". Das schließt dann auch Lebenssituationen oder Lebensphasen ein, in denen es uns gar nicht gut geht oder in denen wir mit Tod, Leid, Schuld, Versagen konfrontiert sind; also genau mit dem, was für uns normalerweise das Gegenteil von Glück ist. Er meint, Menschen würden dann das Glück der Fülle erfahren können, wenn sie akzeptieren, dass zum Leben auch solche Erfahrungen gehören, und wenn sie sich mit den nicht so positiven Seiten schlussendlich "versöhnen" und erkennen, dass auch diese ein Teil ihres Lebens und ein Teil ihrer Identität und Persönlichkeit sind. Diese Form des Glücks hätte dann vor allem auch etwas mit einer gewissen Lebensreife zu tun. Das bedeutet aber nicht, dass nur ältere oder alte Menschen dieses Glück der Fülle erfahren können. 

 

Im englischen entsprechen der Unterscheidung zwischen Zufallsglück und Wohlfühlglück die Begriffe „luck“ und „happyness“. Während „happyness“ (to be happy) sich eher auf einen inneren Glückszustand, der von der eigenen Haltung abhängig ist, bezieht, bezeichnet „luck“ (to have luck) eher etwas von einem äußeren zufälligen Ereignis Abhängiges. Im Deutschen verwenden wir das Wort „Glück“ für beide Phänomene, im ersten Fall sprechen wir aber eher davon, dass jemand glücklich ist, im zweiten Fall eher davon, dass jemand Glück hat oder gehabt hat.

 

Viele kluge Köpfe – aber durchaus nicht alle (!) – gehen davon aus, dass Glück ein Zustand ist, den möglichst viele Menschen möglichst oft in ihrem Leben erfahren sollten. Doch wie das möglich sein soll, ist durchaus nicht unumstritten.

Die Biologie und das Glück

Oxyotzin als Glückshormon
Oxyotzin als Glückshormon

Manche Forscher, die oft aus der Biologie kommen, sehen im Glück nichts anderes als das „Abfallprodukt“ eines bestimmten Zustands im Gehirn, der durch die Ausschüttung von so genannten Glückshormen (= Endorphine) wie Serotonin oder Oxytocin gekennzeichnet ist.

 

Serotonin setzen wir z. B. immer dann frei, wenn wir nach einem Weg der Anstrengung (z. B. Nahrung suchen) einen Mangelzustand (z. B. Hunger) beenden können. Wir sind dann für einen bestimmten Zeitraum einfach nur gesättigt, glücklich und zufrieden. Nach einiger Zeit macht sich wieder der Mangel in Form von Hunger bemerkbar. Und dieser Mangel treibt uns an, wieder (sofern wir Urmenschen auf der Suche nach der nächsten Lichtung mit Heidelbeeren oder dem nächsten Säbelzahntiger, den wir erlegen könnten, sind) an die Arbeit zu gehen. 

 

Oxytozin ist das so genannte Bindungshormon. Es wird immer dann freigesetzt, wenn wir eine emotional enge Bindung an einen anderen Menschen aufbauen sollten. So haben (im Normalfall) Frauen während und unmittelbar nach der Geburt eines Kindes einen richtigen Oxitozyn-Rauch im Gehirn. Das führt dazu, dass sie die (an sich wohl oft unglaublich schmerzhafte) Geburt als richtiges Glückserlebnis empfinden können. Und es führt dazu, dass sie nach der Geburt sehr schnell eine sehr enge emotionale Bindung an ihr Kind aufbauen. Sie würden alles tun, um ihr Kind zu schützen und für ihr Kind zu sorgen. Außerdem spielt Ocytozin eine wichtige Rolle wenn wir uns verlieben. Wir sind geradezu in einem "Gefühlsrausch", den man nicht umsonst als den "siebten Himmel" bezeichnet. Allerdings setzt in diesem Zustand die kritische Urteilsfähigkeit und die objektive Wahrnehmung etwas aus. Das erklärt, warum wir den Menschen, in den wir uns so unsterblich verliebt haben, gerne auch etwas idealisieren und in ihm den Traumprinzen (oder in ihr die Traumprinzessin) sehen. Mit der Zeit ebbt dieser Zustand dann allerdings auch wieder ab. Und wir sehen unseren Partner / unsere Partnerin etwas realistischer und damit auch etwas kritischer. Dann sollte eigentlich die Phase der reflektierten und reiferen Liebe beginnen. Manche trennen sich dann wieder (weil die Des-Illusionierung vielleicht doch zu stark ist), andere begegnen sich dann auf einer "reiferen Ebene", in der gemeinsame Interessen und das gemeinsame Gespräch wichtiger sind, neu. Den Zustand des Verliebt-Seins, in dem das Oxytozin die Oberhand hat, könnten wir mit einem "Glücksrausch" vergleichen. Der Zustand der Liebe, in dem wir einen Partner (eine Partnerin) auch mit seinen (ihren) Schwächen mögen und in dem zur Liebe auch die Auseinandersetzung und der Kampf mit dem Alltag gehören, könnte man mit dem Glück der Fülle in Verbindung bringen. 

 

Insgesamt können wird sagen: Wenn wir also wüssten, wie wir unser Gehirn dazu bringen können, auf Kommando viele Glückshormone zu produzieren, hätten wir dieser Theorie zufolge einen „Schlüssel zum Glück“ in der Hand. Das wäre sehr verführerisch. Aber es wäre auch sehr gefährlich. 

 

Denn die durch Glückshormone verursachten Glückszustände können nur kurze Zeit andauern. Dann flacht der Endorphinspiegel im Gehirn ab, wir werden wieder unzufriedener und die Suche nach dem neuen „Glückskick“ beginnt von vorne. Wenn dieses Wechselspiel zwischen dem Erleben eines Glückgefühls und dem entsprechenden Gegenzustand des Mangels aus dem Gleichgewicht gerät, kann eine Sucht entstehen. Denn Suchtmittel leisten etwas enorm Verführerisches: Sie "kürzen den Weg zum Glück" ab, wir müssen uns nicht mehr anstrengen, um den positiven Zustand zu erreichen, sondern können eine "Abkürzung" nehmen, indem wir z. B. ein Suchtmittel konsumieren, das im Gehirn die Glücksbotenstoffe freisetzt. Genau das wird dann zur Falle. Wenn der "Kick" vorbei ist, entsteht sofort wieder der Mangelzustand, der uns nach dem nächsten "Glückskick" gieren lässt. 

 

Dazu passt ein Experiment aus der Psychologie. Ein Forscherteam hat Mäusen eine Elektrode genau an der Stelle im Gehirn implantiert, an dem "unser Glückszentrum" sitzt. Dann hat man die Mäuse in einen Dauer-Glücks-Zustand versetzt, indem man über diese Elektrode das Glückszentrum dauerhaft aktiviert hat. Was denkst du, was bei dem Experiment herausgekommen ist? 

Die Psychologie und das Glück

Flow beim Klettern
Flow beim Klettern

Psychologen glauben teilweise, Glück sei eine Art unbewusster Erinnerung an ein frühes Lebensstadium vor der Geburt, in dem der Mensch noch nicht von seiner Umwelt getrennt ist, in dem er noch keine Ängste und keine Sorgen kennt, in dem er in einer bedürfnislosen Ganzheitlichkeit existiert. Vielleicht könnte man dieses Bild auch mit dem Bild des Menschen im Paradies vor dem so genannten „Sündenfall“ vergleichen. Solange wir leben, können wir einen solchen Glückszustand immer wieder, aber immer nur für einige kurze Augenblicke erfahren. Beispiele dafür wären vielleicht das Lächeln, das uns ein fremder Fahrgast im Stadtbus schenkt, oder die Beobachtung eines Sonnesaufgangs in den Bergen oder eines farbenprächtigen Sonnenuntergangs am Ufer des Bodensees oder das Glück, das wir empfinden, wenn wir einen Menschen ganz innig umarmen. 

 

In den letzten Jahren ist eine Glückstheorie sehr bekannt geworden, die auf den us-amerikanischen Forscher Mihaly Csikszentmihalyi zurückgeht. Er hat den Begriff des Flow geprägt. Als Flow bezeichnet er einen Zustand, der das Ergebnis vollkommener Konzentration ist, sodass das Gefühl für Zeit und Raum aufgehoben ist und ein Mensch vollkommen eins wird mit dem, was er tut. In seinem Tun vergisst er nicht nur die Umwelt, sondern auch sich selbst. Flow kann jeder Mensch erleben. Zum Beispiel, wenn er mit voller Konzentration ein Instrument spielt, tanzt, einen Sport ausübt oder sich sonst einer Tätigkeit hingibt.

 

 

Die Soziologie und das Glück

Bhutan hat das Bruttonationalglück eingeführt.
Bhutan hat das Bruttonationalglück eingeführt.

Viele Soziologen (Soziologie = Lehre von der Gesellschaft) glauben, dass viele Menschen in unserer Gesellschaft offensichtlich ihr Glück über die Befriedigung materieller oder anderer Wünsche suchen. Diese Menschen denken, wenn sie sich ein schönes Kleidungsstück, ein neues Auto, … leisten, werden sie glücklich. Und eine ganze Werbe-Industrie versucht sie in dieser Haltung zu bestärken. Das Problem dabei ist allerdings, dass das damit verbundene Glück meistens nur sehr kurz anhält, weil wir uns an das Erreichte schnell gewöhnen und es nicht mehr schätzen.

 

Andere glauben, Glücksmomente seien so etwas wie Überraschungsgeschenke: einmalige, unvorhersagbare Ereignisse von großer Intensität, die sich aber nicht selbst herbeiführen lassen.

 

Eine wichtige Frage der Soziologie ist, ob materieller Reichtum und Geld Menschen glücklich macht. Um das herauszufinden, gibt es eine eigene Glücksforschung. Man befragt Menschen in unterschiedlichen Ländern, ob sie glücklich sind, und vergleicht die Ergebnisse dann mit den materiellen Lebensbedingungen in diesen Ländern. Interessant ist dabei die Erkenntnis, das Geld nur bis zu einem gewissen Grad (also bis zu einem Jahreseinkommen von zirka 20 000 Dollar) glücklich macht. Dann steigt das Glück nicht weiter an. Es ist also durchaus tröstlich, dass die Bankmanager, die 10 Millionen Dollar im Jahr oder sogar noch mehr verdienen, nicht glücklicher sind als eine Polizistin oder ein Lehrer, die vielleicht 30 000 Dollar verdienen. Außerdem haben die Soziologen herausgefunden, dass Menschen in Gesellschaften, in denen es eher niedrige Einkommensunterschiede gibt, insgesamt glücklicher sind als Menschen in Ländern, in denen eine große Kluft zwischen (meist wenigen) sehr reichen und (meist vielen) sehr armen Menschen gibt. Das erklärt vielleicht zum Teil, weshalb die Menschen in den vergleichsweise sehr reichen USA insgesamt unglücklicher sind als in viel ärmeren mittel- oder südamerikanischen Staaten wie Chile oder Paraguay. 

 

Ein interessantes Land in Zusammenhang mit dem Glück ist Bhutan. Dort hat die Regierung das traditionelle Bruttonationalprodukt, das das Geld und materielle Güter misst, durch das Bruttonationalglück ersetzt. Und das offizielle Ziel der Regierung ist es, alles dafür zu tun, dass die Menschen nicht möglichst reich, dafür aber möglichst glücklich (oder zumindest zufrieden) werden. 


Projektarbeit

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Beispiellösung: Die Theologie und das Glück (Mathis)
Theorien vom Glück_Theologie_Muster.pdf
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Arbeitsaufgaben

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Arbeitsaufgaben zum Kapitel Glückstheorien
ArbeitsaufgabenA1_3 Begriff Glück Glücks
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