Grundfragen der Philosophie nach I. Kant

Was kann ich wissen? Die Grundfrage der Metaphysik und der Erkenntnistheorie

... eine Frage des Blickwinkels
... eine Frage des Blickwinkels

Mit der Frage nach dem, was ich wissen kann, fragen wir zunächst einmal nach dem SEIN. Sobald wir nicht nach den einzelnen Gegenständen fragen, sondern uns für "das Wesen", "den Ursprung", die Grundbegriffe - kurz: "den Kern" sozusagen - interessieren, stoßen wir mit unseren wissenschaftlichen Methoden an Grenzen. Und an dieser Grenze beginnt dann die Philosophie. Die Disziplinen, in denen es um "das Wesen", "den Ursprung", "das Sein" geht, nennt man - je nachdem - Metaphysik oder Ontologie

 

Die Frage nach dem, was ich wissen kann, hat aber noch eine zweite Bedeutung. Es ist nämlich auch die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen dessen, was ich überhaupt wissen kann. Wenn wir uns also fragen, ob eine bestimmte wissenschaftliche oder nicht-wissenschaftliche Aussage - sagen wir, die Behauptung, homöopathische Kügelchen würden gegen Migräne helfen - richtig ist, stellen wir diese Frage nach dem Wissen. Wir wollen wissen, auf welcher Grundlage die Aussage "Homöopathische Kügelchen helfen gegen Migräne" zustandegekommen ist. Wir wollen wissen, wie sicher und zuverlässig diese Methode ist. Und wenn jemand anderer die genau gegenteilige Behauptung, Homöpathie sei Humbug, aufstellt, wollen wir natürlich wissen, wer jetzt recht hat. Denn rein logisch können nicht beide Aussagen (also: "Homöopathie ist wirksam" und "Hoöpathie ist unwirksam" gleichermaßen wahr sein können. Zumindest wenn wir von einer zweiwertigen Logik ausgehen. Und soätestens an dieser Stelle müssten wir unns außerdem auch noch fragen, was wir überhaupt meinen, wenn wir behaupten, "X ist wahr", wenn wir also nach dem Bedeutungsgehalt des  Attributs "wahr" fragen. 

 

Wenn wir also die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen der Erkenntnis stellen, befinden wir uns inmittel des Terrains der Erkenntnistheorie. Die Logik ("Satz vom Widerpruch") , die Wissenschaftstheorie ("Was ist eine Wissenschaft? Ist die Homöopathie eine Wissenschaft? ..."  die Sprachphilosophie ("Was ist 'Wahrheit'?") sind dann wieder Untergebiete der Erkenntnistheorie. 

 

Mit der Frage nach dem, was ich wissen kann, fragen wir zunächst einmal nach dem SEIN. (Was ist Zeit? Was ist Raum? Was ist der Ursprung der Welt? Welche fundamentale Qualität hat Wirklichkeit? Ist sie etwas Materielles oder etwas Nicht-Materielles? Was ist Materie?)

 

Mit diesem veränderten Standort oder dieser veränderten Perspektive machen wir den Schritt von der Wissenschaft zur Philosophie. Den die Frage nach dem WESEN von etwas lässt sich zwar diskutieren, aber nicht experimentell klären.  Wir fragen nicht mehr nach Einzelmerkmalen oder nach dem "Funktionieren" in konkreten Situationen, sondern nach etwas sehr Fundamentalem oder Allgemeinen. 

 

Sobald wir nicht nach den einzelnen Gegenständen fragen, sondern uns für "das Wesen", "den Ursprung", die Grundbegriffe - kurz: "den Kern" sozusagen - interessieren, stoßen wir mit unseren wissenschaftlichen Methoden an Grenzen. Und an dieser Grenze beginnt dann die Philosophie. Die Disziplinen, in denen es um "das Wesen", "den Ursprung", "das Sein" geht, nennt man - je nachdem - Metaphysik oder Ontologie

 

Die Frage nach dem, was ich wissen kann, hat aber noch eine zweite Bedeutung. Es ist nämlich auch die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen dessen, was ich überhaupt wissen kann. Wenn wir uns also fragen, ob eine bestimmte wissenschaftliche oder nicht-wissenschaftliche Aussage - sagen wir, die Behauptung, homöopathische Kügelchen würden gegen Migräne helfen - richtig ist, stellen wir diese Frage nach dem Wissen. Wir wollen wissen, auf welcher Grundlage die Aussage "Homöopathische Kügelchen helfen gegen Migräne" zustande gekommen ist. Wir wollen wissen, wie sicher und zuverlässig diese Methode ist. Und wenn jemand anderer die genau gegenteilige Behauptung, Homöopathie sei Humbug, aufstellt, wollen wir natürlich wissen, wer jetzt recht hat. Denn rein logisch können nicht beide Aussagen (also: "Homöopathie ist wirksam" und "Homöpathie ist unwirksam" gleichermaßen wahr sein können. Zumindest wenn wir von einer zweiwertigen Logik ausgehen. Und spätestens an dieser Stelle müssten wir uns außerdem auch noch fragen, was wir überhaupt meinen, wenn wir behaupten, "X ist wahr", wenn wir also nach dem Bedeutungsgehalt des  Attributs "wahr" fragen. 

 

Wenn wir also die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen der Erkenntnis stellen, befinden wir uns inmitten des Terrains der Erkenntnistheorie. Die Logik ("Satz vom Widerspruch") , die Wissenschaftstheorie ("Was ist eine Wissenschaft? Ist die Homöopathie eine Wissenschaft? ..."  die Sprachphilosophie ("Was ist 'Wahrheit'?") sind dann wieder Untergebiete der Erkenntnistheorie. 

 

Was ist der Mensch? Die Grundfrage der Anthropologie

Viele Wissenschaften (Biologie, Psychologie, Medizin, Soziologie, ...) beschäftigen sich mit dem Menschen. Sie entwickeln - je nach Zugang - unterschiedliche Theorien über den Menschen. So versucht die Biologie zu klären, inwiefern sich das menschliche Gehirn vom Gehirn anderer Hominiden unterscheidet. Oder die Psychologie versucht zu klären, welchen Einfluss frühkindliche Erfahrungen auf die Entwicklung der Erwachsenenpersönlichkeit hat. Die Ökonomie versucht zu klären, wie Menschen sich in wirtschaftlichen Situationen - z. B. in einer Wirtschaftskrise - verhalten. Im Unterschied - oder besser: in Ergänzung - dazu fragt die Philosophie nach dem "Wesen des Menschen". Dabei geht es dann sehr schnell um ganz grundlegende Fragen, wie z. B. um die Frage, ob es einen grundlegenden qualitativen Unterschied zwischen Menschen und anderen Säugetieren gibt  und worin dieser Unterschied denn wohl bestehe (unsterbliche Seele????, Freiheit????, Vernunft?????, Würde???, Verantwortungsfähigkeit????) 

 

Ein weiteres Beispiel für eine Frage, mit der die Anthropologie sich beschäftigt, ist die Frage nach dem Ich, also nach dem Kern der menschlichen Identität. Damit verbunden ist die Frage, wie sich ein Ich-Bewusssein entwickelt. Oder es geht um die Frage, aus welchen Teilbereichen (Körper-Ich, Wahrnehmungs-Ich, Handlungs-Ich, ...) sich Identität zusammensetzt. Oder es geht um die Frage, ob und inwiefern wir überhaupt EINE Identität haben; oder ob es nicht vielmehr so ist, dass (nicht nur in der modernen Welt) das Ich in ganz unterschiedliche, voneinander unabhängige Teil-Identitäten zerfällt. 

 

Wenn wir uns mit Fragen wie diesen beschäftigen, bewegen wir uns auf dem Feld der Anthropologie (anthropos = Mensch)

Was soll ich tun? Die Grundfrage der Ethik

Mit der Frage "Was soll ich tun?" fragen wir nach dem richtigen Verhalten in einem ethischen oder moralischen Sinn. Indirekt fragen wir damit natürlich auch nach Werten  ("Freiheit", "Gleichheit", "Würde", "Erfolg", "Wohlstand", "Demokratie"), nach der Wichtigkeit dieser Werte (Was soll im Konfliktfall Vorrang haben: Freiheit / Schutz der Privatsphäre oder Sicherheit?), nach der Begründbarkeit dieser Werte, nach der Verhandelbarkeit von Werten ("Darf über die Todesstrafe demokratisch abgestimmt werden?"). Traditionellerweise beschäftigen sich Religionen mit Wertfragen. In Zeiten, in denen eine grundlegende Trennung von Staat und Religion selbstverständlich sein sollte, in denen in Gesellschaften Menschen mit ganz unterschiedlichen religiösen Zugängen zusammenleben und sich auf eine gemeinsame Wertebasis einigen sollen, und in Zeiten, in denen viele Menschen Religion nicht mehr als Bezugssystem für ihre persönliche Lebensgestaltung begreifen, braucht es aber zumindest eine ergänzende Alternative zur religiösen Diskussion von Wertfragen. Die philosophische Ethik versucht Wertfragen und die Frage nach dem richtigen Handeln in einem ethisch-moralischen Sinn unabhängig von übernatürlichen / göttlichen Bezügen zu diskutieren. 

Was darf ich hoffen? Die Grundfrage der Existenzphilosophie

E. Hopper: Exkursion in die Philosophie, ca. 1960
E. Hopper: Exkursion in die Philosophie, ca. 1960

Manche meinen, der Mensch sei das Lebewesen, das - vermutlich im Unterschied zu anderen Lebenwesen, die wir bisher kennen - die Frage nach dem Sinn des Lebens stelle. Das habe damit zu tun, dass der Mensch "in der Zeit lebe", also nach dem WOHER und dem WOHIN frage. Damit stelle sich die Frage nach dem Sinn der eigenen Existenz. Welche Ziele soll ich in meinem Leben anstreben? Wofür soll ich leben? Wofür soll ich meine Energie und meine Zeit einsetzen? Soll ich das Leben genießen und in den Tag hineinleben? Soll ich mich heute anstrengen und auf Freizeit und Vergnügen verzichten, damit ich morgen (vielleicht) die große Karriere mache und ganz viel Geld verdiene? Soll ich auf materiellen Luxus und sinnliche Vergnügungen verzichten, damit ich in einem nächsten Leben vielleicht in einem göttlich-erlösten Zustand weiterexistieren kann? Oder sind diese Vorstellungen von einem Leben danach einfach nur "Hirngespinste" oder "Opium des Volkes", wie Karl Marx meinte? 

 

Manche Menschen meinen, die Auseinandersetzung mit solchen Fragen nach dem Sinn führten zu nichts. Aber spästens in existentiellen Lebenskrisen - also z. B bei Konfrontation mit Scheitern, Schuld, Verlust, Tod  - sind wir mit solchen Fragen ganz einfach konfrontiert. Auch hier geben Religionen traditionellerweise Antworten. Aber auch hier wollen auch Menschen, die mit den religiösen Zugängen wenig anfangen können, Möglichkeiten der Auseinandersetzung. Als eine solche Alternative versteht sich die Philosophie (oder besser: ein Teil der Philosophie), beispielsweise die Existenzphilophie, aber auch die derzeit gerade wieder recht moderne Lebensphilosophie. 


Arbeitsaufgaben

A1: Erkläre und deute die vier Kantschen Grundfragen, die den Kern der Philosophie bilden, mithilfe einer Tabelle (Arbeitsblatt; Download). Suche nach Beispielthemen, in denen diese Fragen relevant sind / Relevanz bekommen können (historische Situationen, Lebenssituationen, Themenbereiche, Diskussionen, Diskurse, Debatten, ...). Erkläre, inwiefern das der Fall ist. Suche eventuell nach Bildern, die mit den jeweiligen Grundfragen zu tun haben. Erkläre, wo und inwiefern du einen Zusammenhang siehst. 

 A2: Erkläre (mithilfe eines philosophischen Wörterbuchs oder mithilfe eines philosophischen Lexikons; Wikipedia geht zur Not auch) in ganz knapper Form die Bedeutung der im Text erwähnten philosophischen Fachbegriffe: Ontologie, Metaphysik, Erkenntnistheorie, Wissenschaftstheorie, Sprachphilosophie, Logik, Anthropologie, Ethik, Existenzphilosophie

A3: Was könnte das Bild "Exkursion in die Philosophie" von E. Hopper mit dem Gegenstandsbereich Philosophie oder dem FAch Philosophie zu tun haben. Beschreibe die Elemente des Bildes, die aus deiner Sicht etwas Philosophisches an sich haben. Formuliere dazu ein paar persönliche Gedanken. Vergleiche danach (!) deine eigenen Gedanken mit den Gedanken, die der Lebensphilosoph Wilhelm Schmidt dazu formuliert (AB; Download) 
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Grundfragen der Philosophie. Arbeitsblatt
01_grundfragen_kant_ab.docx
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Wilhelm Schmidt über das Bild "Exkurs in die Philosophie" (Hopper)
01_hopper_philosophie_ab150723.doc
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