Was ist Ethik? - Kerninformation


Definition Ethik. Grundbegriffe

Ethik und / oder Moral

 

Ethik ist ein Teilbereich der Philosophie. Im Zentrum steht die berühmte Frage des Philosophen Immanuel Kant"Was soll ich tun?" Oder etwas anders formuliert: es geht um Handlungsnormen, also um Regeln, an denen wir uns orientieren können, wenn wir eine Handlungsentscheidung treffen. Diese Regeln sollen uns helfen, möglichst gut zu handeln und schlechte ("böse") Handlungen zu vermeiden. 

 

Die Begriffe "Ethik" (vom Griechischen "ethicos") und "Moral" (vom Lateinischen "mos, moris") sind ähnlich. Beide bedeuten in etwa "Sitte" oder "Handlungsregel" und beziehen sich auf das Verhalten, das sich in einer bestimmten sozialen Situation gehört. Das kann sehr einfache Verhaltensweisen umfassen, also z. B. die Regel, dass man in unserer Kultur anderen Menschen bei Begrüßung und Verabschiedung die Hand gibt. Oder es kann sehr komplexe und anspruchsvolle Themen umfassen. Zum Beispiel, dass man anderen Menschen in einer Notsituation (z. B. nach einem Fahrradunfall) helfen soll, auch wenn es im Moment grad etwas unbequem ist (weil man so z. B. einen spannenden Kinofilm versäumt). 

 

Manche Menschen verwenden die Begriffe "Ethik" und "Moral" synonym (also: bedeutungsgleich). Andere sagen, "Moral" beziehe sich eher auf Regeln, die in einer bestimmten Gesellschaft traditionell üblich seien. (Zum Beispiel: In manchen Kulturen umarmt man Menschen, wenn man sich begrüßt. In anderen gibt man die Hand. Das eine ist nicht besser als das andere. Es ist einfach eine Frage der Tradition oder der Konvention = Übereinkumft.) "Ethik" hingegen beinhalte ein Werturteil im Sinn von "gut" oder "böse". Es gehe dabei herauszufinden und zu begründen, welche Handlungsweisen in bestimmten Situationen "gut" (und damit besser als alternative Handlungsmöglichkeiten) sind. (Zum Beispiel: Wenn eine Person in einer Notsituation ist und verletzt am Boden liegt, ist es "gut" ihr zu helfen. Und es wäre nicht gut (also: böse), einfach wegzuschauen und so zu tun, als ob man nichts gesehen hätte. In welcher Form und bis zu welchem Grad das so ist, wäre eine eigene Diskussion) 

 

Normen, Regeln und Gesetze 

 

Damit wir die Frage: "Was soll ich tun?" möglichst schnell und sicher sagen können, entwickeln wir als Menschen Verhaltensnormen (sagen, was wir idealerweise tun sollten) und Verhaltensregeln (die meistens etwas konkreter sind).

 

Dabei gibt es

  • individuelle Normen/Regeln, die eine bestimmte Person für sich definiert hat und an die sie sich halten will (z. B. die Norm/Regel, jeden Tag um 6.30 Uhr aufzustehen)
  • soziale Normen/Regeln, die in einer bestimmten Gruppe (Schule, Firma, Familie, Clique) gelten
  • kulturelle Normen/Regeln, die für die Mitglieder einer bestimmten Kultur gelten (z. B. Regeln, die Mitglieder einer Religionsgemeinschaft für sich festgelegt haben)
  • politische Regeln. Politische Regeln sind Vorschriften und Gesetze, die für alle Menschen, die in einem bestimmten Staatsgebiet leben, verbindlich gelten. Die politisch dafür zuständigen Instanzen (z. B. Parlament) haben sie beschlossen. Alle müssen sich an sie halten. Wenn jemand gegen diese Regeln verstößt, muss er mit Sanktionen durch den Staat (z. B. Verwaltungsstrafe oder Verurteilung in einem Strafverfahren) rechnen. 

Werte

 

Hinter Verhaltensregeln stehen normalerweise Werte, zu denen wir uns bekennen. Solche Werte sind z. B. Freundschaft, Ehrlichkeit, Eigentum, … Wir leiten aus diesen Werten Rechte und Pflichten ab, die wir uns selbst und anderen Menschen zusprechen. Und diese führen uns zu Handlungsregeln (= Verhaltensregeln, Verhaltensnormen, Handlungsnormen)

 

Zum Beispiel: WERT: menschliches Leben --> Recht auf Schutz des eigenen Lebens durch andere und durch den Staat; Recht auf gesundheitliche Versorgung / medizinische Betreuung; Recht auf körperliche Unversehrtheit; Recht auf Sicherheit <----> Pflicht, die Gesundheit und das Leben anderer Menschen durch das eigene Verhalten nicht zu gefährden; Pflicht, über Steuern und Sozialabgaben das öffentliche Gesundheitssystem mitzufinanzieren)

 

Im Ethik-Unterricht geht es ganz zentral um Werte. Es geht um die Frage...

  • ... welche Werte in unserer Gesellschaft für einzelne Menschen, aber auch für die Gesellschaft als Ganzes zentral sind
  • ... was diese Werte genau bedeuten
  • ... wie wir diese Werte und ihre Bedeutung begründen können
  • ... wie wir aus diesen Werten Handlungsregeln (z. B. Gesetze oder Regeln oder Empfehlungen) ableiten können
  • ... wie wir diese Werte schützen können
  • ... wann, wo und warum es manchmal schwierig ist, diesen Werten gerecht zu werden. 

Manche Werte sind ganz privater Natur. Diese Werte muss nicht jeder teilen. Es ist aber oft gut zu wissen, welche Werte für andere Menschen wichtig sind. 

 

Manche Werte sind grundlegend für unsere Gesellschaft. Diese Werte müssen alle Menschen, die in unserer Gesellschaft leben wollen, auch akzeptieren. Diese fundamentalen Werte sind z. B. Demokratie, Rechtsstaat, die grundlegenden Menschenrechte (Freiheitsrechte, Gleichheitsrechte, Menschenwürde), soziale Gerechtigkeit, Friede, Verantwortung für die Um- oder Mitwelt (Tiere, Pflanzen, unbelebte Natur). Was diese Werte diese Werte im konkreten Fall bedeuten und wie wir sie "leben" können, müssen wir teilweise auch immer wieder neu ausdiskutieren. 

 

 

Ethische Konflikte und Dilemmata

 

Über manche Werte (z. B materieller Wohlstand, ...) gibt es aber auch ganz unterschiedliche Ansichten. Über viele Werte sind wir uns aber - über weltanschauliche oder kulturelle Grenzen hinweg - erstaunlich einig. Trotzdem gibt es viele Diskussionen. Sie entstehen, weil zwei oder mehrere Werte miteinander in Konflikt geraten (z. B. in der Flüchtlings-Diskussion: der Wert Solidarität mit Menschen in Not ist in eine Spannung mit dem Wert soziale Sicherheit geraten). Dann spricht man von einem Dilemma: Es gibt keine optimale oder beste Lösung. Man muss einen Kompromiss suchen oder etwas Wertvolles riskieren, um etwas anderes Wertvolles "retten". Man spricht dann von einer Güterabwägung. Oder es entstehen Diskussionen, wenn es um die Frage geht, was ein Wert in einer bestimmten Situation bedeutet. Beim "Schutz des menschlichen Lebens" geht es z. B. um die Frage, wie lange man sterbenskranke Menschen mithilfe der Medizin am Leben erhalten soll. 

 

Kontroverse ethische Diskussionen führen immer auch zur Frage, wie man Normen, Werte, Rechte und Pflichten begründen kann. Religiöse Ethiken beziehen sich dann auf etwas Transzendentes, z. B. auf eine religiöse Schrift, die Aussagen einer religiösen Autorität oder das Gebot einer göttlichen Macht.  Doch säkulare (= weltliche, nicht-religiöse) Gesellschaften müssen andere nicht-religiöse Grundlagen der Ethik entwickeln. Dazu greifen sie auf Traditionen und historisches Wissen zurück. Es gibt ganz fundamentale grundlegende Bezüge, vor allem die Grundprinzipien der Demokratie und des Rechtsstaats und ein Bekenntnis zu den fundamentalen Menschenrechten, nämlich Menschenwürde, Freiheitsrechte und Gleichheitsrechte.

 

Moderne demokratische Gemeinschaften müssen also immer wieder aushandeln und regeln, welche Werte, Rechte und Pflichten verbindliche Handlungsgrundlage sind, also für alle Mitglieder Gültigkeit haben. In einer Familie können das Familienregeln sein. In der Schule ist es die Schulordnung oder die Hausordnung. In einem Unternehmen sind es Leitbilder oder Arbeitsverträge. In einer Religion können es religiöse Gebote sein. Im demokratischen Rechtsstaat sind es die Gesetze, die für alle Menschen in einem Staat verbindlich gelten. 

 

Gemeinschaften müssen auch regeln, wie sie mit Menschen umgehen, die die ihre Werte missachten und die Pflichtverletzungen begehen. Genauso müssen sie aber auch klären, wie sie dafür sorgen, dass ihre Mitglieder - wenn das strittig ist - auch "zu ihrem Recht kommen". Beispielsweise können Menschen aus einer Gemeinschaft ausgeschlossen werden, wenn sie die Gemeinschaftsregeln grob verletzen. Oder SchülerInnen, die gegen die Hausordnung verstoßen, erhalten eine Mahnstufe und eine schlechte Verhaltensnote. Oder ein Mensch, der staatliches Recht bricht, wird von einem Gericht zu einer Geldstrafe oder zu einer Haftstrafe verurteilt. 

 

Was diese Rechte in einer konkreten Situation bedeuten, müssen wir immer wieder neu ausdiskutieren. Dafür brauchen wir ethisches Wissen, also Wissen über ethische Grundwerte und ethische Urteilsbildung.

Dazu soll der Ethik- Unterricht einen Beitrag leisten. 

 


Arbeitsaufgaben

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Die ethische Dimension in Alltagssituationen erkennen und Beschreiben.
Auf dem Arbeitsblatt findest du "Alltagsbilder". Untersuche sie im Hinblick auf ethische Aspekte (Werte, Rechte, Pflichten, Normen, Handlungsalternativen, Dilemmata, ...
ab03_bilder_ethische_reflexion.docx
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