Kinder im Krieg

Sehr häufig sind Kinder Opfer im Krieg und in bewaffneten Konflikten. Sie werden häufig Opfer von Gewalt. Als Kindersoldaten sind sie meistens gleichzeitig Opfer, aber auch Täter. 


Häufige Formen von Gewalt, mit denen Kinder in Kriegen konfrontiert werden, sind z. B. 


  • Töten oder Verstümmeln von Kindern
  • Rekrutierung und Einsatz von KindersoldatInnen
  • Angriffe gegen Schulen und Krankenhäuser
  • Verhindern humanitärer Hilfe für Kinder
  • Kindesentführung
  • Vergewaltigung und andere gravierende Formen sexueller
  • Kinder werden Zeugen von Gewalt gegen Familienangehörige (Eltern, Geschwister) und müssen zusehen, wie diese vergewaltigt, gefoltert, verschleppt oder getötet werden
Die Grafik zeigt, in welchen Staaten Kinder Opfer von Kriegen und gewaltsamen Konflikten sind. (Stand 2010)
Die Grafik zeigt, in welchen Staaten Kinder Opfer von Kriegen und gewaltsamen Konflikten sind. (Stand 2010)

Kindersoldaten

Daten


  • UNICEF schätzt die Zahl der Kindersoldaten weltweit auf zirka 250 000 bis 300  000. Die Dunkelziffer dürfte sehr große sein. Kindersoldaten werden in verschiedenen Konflikten in Afrika (Kongo, Uganda, …), in Asien (Sri Lanka), in Südamerika (z. B. im Drogenkrieg in Kolumbien) rekrutiert und eingesetzt.
  • Die meisten Kindersoldaten werden nicht von offiziellen Staaten eingesetzt (eine Ausnahme ist z. B. der Iran im Krieg gegen den Irak in den 80er-Jahren des 20. Jh.), sondern von paramilitärischen Guerrilla-Truppen.
  • Als brutalste Kinderrekrutierer gelten die „Janjaweed-Milizen“ in Darfur/Sudan, die ruandische Hutu-Milizengruppe „FDLR“ (Kongo) und die ugandische „Lord's Resistance Army“
  • Nicht zuletzt moderne Waffen machen es möglich, dass Kinder genauso „gut“ töten können wie Erwachsene
  • Die in den Konflikten eingesetzten Kinder werden häufig bereits im Alter von 8 oder 9 Jahren rekrutiert.
  • Mädchen werden sehr häufig als „Sexsklavinnen“ für die kämpfenden Soldaten eingesetzt, sie müssen Hilfsdienste verrichten. Teilweise werden sie auch bei Kämpfen eingesetzt.

Kindersoldaten und humanitäres Völkerrecht


  • Die UN-Kinderrechtskonvention (1989) verbietet, dass Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren militärisch rekrutiert und in bewaffneten Konflikten eingesetzt werden. (Das ist u.a. ein Grund, weshalb die USA die UN-Kinderrechtskonvention bis heute nicht ratifiziert hat); wichtig sind insbesondere der § 38 der KRK und ein Zusatzprotokoll aus dem Jahr 2002.
  • Der Einsatz von Kindersoldaten gilt als Kriegsverbrechen und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Er soll von den Internationalen Strafgerichtshöfen (v.a. IStGH Den Haag) geahndet werden. Der erste Mensch, der sich wegen des Einsatzes von Kindersoldaten vor dem IStGH verantworten muss, ist der kongolesische Warlod Thomas Lubanga Dyilo. Er wird am 14. 3. 2012 in letzter Instanz schuldig gesprochen.

Warum werden Kinder rekrutiert?


Hinter der systematischen Rekrutierung von Kindern lässt sich eine „Kriegslogik“ erkennen. Zum Beispiel:

  • Kinder sind wesentlich leichter „formbar“ und indoktrinierbar als Erwachsene. Methoden, mit denen der Wille und die Identität eines Menschen gebrochen und „neu programmiert“ werden können, sind bei Kindern wesentlich effizienter.
  • Kinder sind weniger wert als Erwachsene und leichter ersetzbar
  • Kinder brauchen keinen Sold und sind deshalb billiger
  • Kindern lässt sich die Hemmung vor dem Töten leichter nehmen als Erwachsenen. Sie haben weniger Skrupel zu töten als Erwachsene, weil sie die Tragweite ihres Tuns nicht verstehen

Wie werden Kinder rekrutiert?

Die Rekrutierung von Kindersoldaten lässt unterschiedliche „Muster“ erkennen.

 

  • Zum Teil werden Dörfer systematisch überfallen und die Erwachsenen werden getötet. Die überlebenden Kinder werden als Soldaten rekrutiert.
  • Teilweise melden Kinder sich freiwillig, weil sie unerträglichen sozialen und familiären Verhältnissen entkommen wollen.
  • Inzwischen sind die Kindersoldaten teilweise auch Kinder, die von Mädchen / jungen Frauen in den Camps geboren worden und dort aufgewachsen sind. Diese Kinder haben ein ziviles Leben überhaupt nie kennen gelernt.


Welche Folgen hat ein Leben als Kindersoldat?

Kindersoldaten sind Täter und Opfer.


Als Täter …

  • … sind sie an Verbrechen, Tötungen, grausamen Ritualen beteiligt
  • … entwickeln sie effiziente Abwehrstrategien, die sie davor bewahren, die Problematik des eigenen Verhaltens kritisch zu reflektieren
  • … stumpfen sie emotional gegen Gewalt ab und werden zu „Killermaschinen“
  • … übernehmen sie die Rekrutierung und Ausbildung neuer Soldaten, benutzen Mädchen als Sex-Sklavinnen, Wiederholen als Täter, was sie selbst als Opfer erlebt haben (Psychoanalyse: Gegenidentifikation, Identifikation mit dem Aggressor, Stockholm-Syndrom)

 

Als Opfer …

  • … werden sie schwerst traumatisiert. Die bewusste und systematische Traumatisierung ist oft der erste Schritt des „Brainwashings“ und der „Umprogrammierung“. Z. B. werden Kinder gezwungen, der Ermordung ihrer eigenen Eltern oder Geschwister zuzusehen oder diese sogar selbst auszuführen. Das führt zu einem Zusammenbrechen der Kernpersönlichkeit und der erworbenen sozialen und moralischen Strukturen. Auf dieses psychische „Trümmerfeld“ lässt sich eine neue Identität „aufpfropfen“.
  • … werden sie oft unter Drogen gesetzt, damit sie willfähriger sind und Hemmungen schneller / besser verlieren oder Brutalitäten besser aushalten
  • … werden sie in Kämpfen verletzt oder getötet
  • … identifizieren sie sich oft mit den Menschen, die sie ausbeuten und missbrauchen (Stockholm-Syndrom)
  • … verlernen sie die fundamentalsten Regeln eines geregelten sozialen Zusammenlebens und sind oft nicht mehr in der Lage, in ein ziviles Leben zurückzufinden
  • … lernen sie die fundamentalen Grundlagen für ein ziviles Leben oft nicht kennen (keine Schulbildung, keine zivile Perspektive, keine sozialen Bindungen außerhalb der paramilitärischen Organisation)


Was tun? Forderungen  

 

  • Durchsetzung der Ächtung / des Verbots des Einsatzes von Kindern (scheitert v.a., weil die Kinder nicht in regulären Armeen kämpfen)
  • Re-Integration der Kinder / Jugendlichen, die als Kindersoldaten eingesetzt worden sind; Projekte z. B. von Unicef und verschiedener NGOs; Finanzierung der Projekte ist oft nicht gesichert; die Rückführung der Kinder / Jugendlichen ist sehr schwierig und scheitert oft
  • Anerkennung von Kindersoldaten als Flüchtlinge im Sinn der Genfer Konvention (wird nicht durchgehend praktiziert; Individualprüfung)
  • Politisch Verantwortliche / verantwortliche Offiziere müssen sich vor Internationalen Strafgerichtshöfen verantworten (Thomas Lubanga; IStGH)