Pazifismus als Alternative zum gerechtfertigten Krieg?

Der Begriff "Pazifismus" (von lat. pax = Friede) wird das erste Mal 1901 von einem französischen Friedensaktivisten verwendet.

 

Pazifistische Ideen und Ansätze gab es aber schon früher. Dazu zählen bestimmte religiöse Gruppierungen, die militärische Gewalt unter Berufung auf Gottes Gebote ablehnen (z. B. Zeugen Jehovas, Wiedertäufer, Minnoniten, Quäker, ...). Eine erste größere pazifistische Bewegung gab es rund um den Ersten Weltkrieg (Berta von Suttner: "Die Waffen nieder"), allerdings in einem Klima allgemeiner anfänglicher Kriegseuphorie.


Nach dem Zweiten Weltkrieg formierte sich angesichts des atomaren Wettrüstens eine pazifistische Bewegung in den USA und in Westeuropa, der u. a. Albert Einstein und Bertrand Russell maßgeblich angehörten. Eine breite Basis erhielt der Pazifismus allerdings erst in den späten 70er/frühen80er-Jahren durch die Friedensbewegung in Westeuropa. Sie wurde durch wesentlich durch das Bedrohungsszenario eines atomar geführten Dritten Weltkrieges in Europa genährt (Pläne der Nato, in der damaligen BRD atomar bestückte Mittelstreckenraketen (Pershing-Raketen) zu stationieren. Nach dem Ende des Kalten Krieges schlief diese Friedensbewegung ein. 2002/2003 formierte sich wieder eine Friedensbewegung gegen den damals drohenden Irak-Krieg.

 

Grundsätzlich lassen sich ein „harter“ (unabdingbarer) und ein „weicher“ (pragmatischer) Pazifismus unterscheiden.

 

Zentrale harte pazifistische Argumente (Krieg ist grundsätzlich und unabdingbar abzulehnen) sind:

 

  • Die Kosten eines Krieges sind immer höher als sein Nutzen, vor allem, wenn man auch die sozialen Kosten und das durch den Krieg verursachte menschliche Leid berücksichtigt. (utilitaristisches Argument)
  • Das Recht auf Leben ist eines der grundlegendsten Menschenrechte und deshalb ist selbst die Verteidigung von Menschenrechten durch Töten absurd. (Menschenrechtsargument; deontologisches Argument))
  •  Das menschliche Leben ist heilig (religiöses Argument; deontologisches Argument)

  

Der „weiche“ (pragmatischen) Pazifismus argumentiert nicht, dass Krieg grundsätzlich nie Mittel zur Lösung eines Konflikts sein dürfe, wie auch immer dieser Konflikt geartet ist. Aber er argumentiert, dass Krieg (fast) immer die schlechteste mögliche Strategie zur Lösung eines Konflikts darstellt. Außerdem argumentiert er mit der „Doppelmoral“:

 

  • Es gibt immer gewaltfreie Alternativen der Konfliktbearbeitung, die einem Krieg in jedem Fall vorzuziehen sind. Kriege schaffen mehr neue Probleme als sie alte zu lösen vermögen. (pragmatisch-utilitaristische Argumentation)
  • Menschenrechtsschutz ist nur ein Vorwand. In Wirklichkeit geht es um egoistische Interessen (utilitaristisches Argument?)
  • Militärische Interventionen erreichen ihre (vorgegebenen) Ziele – z. B. Verbesserung der Menschenrechtssituation – nicht (utilitaristische A.)
  • Verantwortliches Handeln hätte den Konflikt gar nicht erst dermaßen eskalieren lassen, dass ein militärisches Eingreifen notwendig geworden wäre (z. B Anerkennung von Kroatien schürte den ethnischen Konflikt; Lieferung von Waffen d. d. Westen; ursprüngliche Unterstützung der Taliban durch den Westen)
  • eine völkerrechtliche Legitimation des Krieges ist nicht gegeben (Kosovo 1999, Irak 2003)

 

Neue Ansätze kommen weiters aus einem Handlungspazifismus. Der begnügt sich nicht mehr, gegen Krieg zu argumentieren oder gegen Krieg zu demonstrieren oder gegebenenfalls nur humanitäre Hilfe zu leisten, sondern versucht aktiv Alternativen gegen militärische Gewalt zu entwickeln. Vorbilder sind meistens Gandhi oder Martin Luther King. Ansätze gehen in Richtung Konfliktintervention / frühzeitiges Konfliktmanagement und in Richtung der Unterstützung gewaltfrei agierender Personen(gruppen), die sich für ethisch wertvolle Ziele einsetzen (z. B. Widerstand innerhalb der serbischen Nomenklatura stützen). Vorbilder sind gewaltfrei geführter Widerstand gegen Unrecht, z. B. beim Zusammenbruch des Ostblocks).