Was sind Menschenrechte?

UN Menschenrechtserklärung (1948)

Artikel 1 der UN-Menschenrechtserklärung von 1948 besagt: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.

Hintergrund und Entwicklung der Menschenrechtsidee

Amnesty International Kampagne
Amnesty International Kampagne

Die Idee der Menschenrechte und das Bemühen um ihre politische Verwirklichung sind historisch gewachsen. Sie sind oft nur in kleinen Schritten und nur schrittweise umgesetzt worden. Von der Idee zum politischen Recht war es oft ein sehr weiter Weg. Von der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte (1948) bis zur Durchsetzung eines allgemeinen Folterverbots (ca. 1990) dauerte es beispielsweise 40 Jahre. Ein allgemeines Verbot der Todesstrafe ist bis heute nicht durchgesetzt, obwohl sich viele MR-Organisationen dafür einsetzen. Sehr wohl aber zeigt die Entwicklung, dass immer mehr Staaten die Todesstrafe abschaffen oder ihre Anwendung zumindest stark einschränken

Quelle: http://www.exil-club.de/groups/menschenrechte/_hpgen_content1.htm
Quelle: http://www.exil-club.de/groups/menschenrechte/_hpgen_content1.htm

Menschenrechte sind zweitens immer wieder, nachdem sie schon verwirklicht schienen, in Frage gestellt, aufgeweicht oder zurückgefahren worden. So hat die Zeit ab 1930 (zirka), in der sich in Europa in vielen Staaten faschistische Regime durchgesetzt haben, zu einem Rückschlag im Hinblick auf Menschenrechte geführt. Demokratische Grundrechte (wie z. B. Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit) wurden aufgehoben. Die totalitären Regime hielten sich in einigen westeuropäischen Staaten (Griechenland, Spanien: Franco, Portugal: Salazar) bis in die 70er-Jahre, in Südamerika teilweise bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts führt die Angst vor Terror dazu, dass es wieder Versuche in Richtung Aufweichung des Folterverbots gibt (Guantanamo Bay).

http://www.thinkoutsideyourbox.net/?p=31810
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Ein Beispiel dafür, dass das, was man unter "Menschenrechten" versteht, auch einem geschichtlichen Wandel unterliegt, ist der Umgang mit Minderheiten. Am Beispiel der sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität von Menschen sieht man das sehr gut. Lange Zeit galt Homosexualität als Verbrechen oder Vergehen, das strafrechtlich sanktioniert wurde. Im Extremfall stand darauf die Todesstrafe. Im Nationalsozialismus wurden männliche Homosexuelle in Konzentrationslager deportiert, weibliche Homosexuelle kamen in Arbeits- oder Erziehungslager. Auch nach der NS-Zeit blieb Homosexualität strafbar. Erst die Diskussionen um sexuelle Freiheit und Selbstbestimmung in den 70er-Jahren (Flower-Power; 68er-Bewegung --> Liberalisierung; Sexualität als Privatangelegenheit; ) und dann vor allem die Diskussionen um Aids in den 80er- und 90er-Jahren führten zu einer Entkriminalisierung. 


Heute ist das Diskriminierungsverbot aufgrund sexueller Identität und sexueller Orientierung in westeuropäischen Staaten und den USA "Standard" (z.B.: EMRK, Vertrag von Lissabon; Urteile des Bundesverfassungsgerichts in den USA). Unumstritten ist es deshalb nicht. Wie weit die Umsetzung gehen soll (z. B. Eherecht, Adoptionsrecht, Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung; Diskussion um 3. Geschlecht jenseits von "männlich" und "weiblich", wie es z. B. intersexuelle Menschen fordern), ist von Staat zu Staat unterschiedlich. Und auch innerhalb von Staaten teilweise umstritten. 


Menschenrechte müssen drittens also immer wieder neu gedeutet oder neu interpretiert werden. Diese Prozesse sind längst nicht abgeschlossen.


Beispielsweise hat man unter Gleichheitsrechten ursprünglich, das heißt im Rahmen der Aufklärung im 18. und 19. Jh. nur gemeint, dass männliche weiße Menschen unabhängig von ihrem Stand (Adelige, Bürger) und unabhängig von ihrer Religion (protestantisch, katholisch, jüdisch) gleiche Rechte haben müssen. Erst mit zeitlicher Verspätung (19. Jh) wird die Forderung nach gleichen Rechten auf andere Personengruppen (v. a. Frauen, Farbige in den USA) ausgedehnt. Erst weit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts versteht man unter Gleichheitsrechten z. B. die gleichen Rechte für Menschen mit einer Behinderung oder Menschen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung. Bemühungen um die Beseitigung von Diskriminierungen z. B. für Menschen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung dauern bis heute an.

 

Die drei Menschenrechtsgenerationen

Menschenrechte der ersten Generation: Rechte der Person. Abwehrrechte gegen den Staat. Absolute Rechte

Arbeitssklaven in den USA; Quelle: Welt.de
Arbeitssklaven in den USA; Quelle: Welt.de

Zu den grundlegendsten Menschenrechtsideen (Menschenrechte der ersten Generation), die seit dem 18. Jahrhundert (Aufklärung) im Zentrum des Denkens stehen, gehören von Anfang an

  • Freiheitsrechte (im Kern: Freiheit der Person: kein Mensch darf Besitz eines anderen Menschen sein); Freiheit der Person; Freiheit vom Staat --> Abwehrrechte gegen den Staat
  • Gleichheitsrechte (im Kern: Diskriminierungsverbot: kein Mensch darf auf Grund bestimmter definierter Merkmale, z. B. Geschlecht, diskriminiert werden / weniger Rechte haben als andere)
  • (Menschenwürde) è der Begriff wird spät erst im 19. Jahrhundert bestimmend und setzt sich erst nach 1945 durch; im Kern: kein Mensch darf ausschließlich / vorrangig Mittel zum Zweck sein; körperliche und psychische Integrität = Unverletzlichkeit

 

Vorläufer dieser Menschenrechtsideen gibt es mehrere. Teilweise kann man im Christentum grundlegende Ideen entdecken, insofern als dass nach christlicher Auffassung alle Menschen durch ihre "Gottesebenbildlichkeit" im Kern gleichwertig sind und sein müssen. (Allerdings fehlt dem Christentum die diesseitige Begründung der Idee der Gleichheit und die Idee der Autonomie). Verläufer kann man in der Antike, vor allem im Hellenismus, sehen. Er stellt den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt und gesteht ihm ein Recht auf Streben nach Glück und Erfüllung im Diesseits zu. Wieder aufgegriffen wird diese Idee im Humanismus und in der Renaissance. Von dort aus wird sie dann für die europäische Aufklärung prägend. 


Philosophisch ausgebildet werden die Menschenrechte im Zusammenhang mit der Aufklärung. Sie geht davon aus, dass der Mensch im Kern ein vernunftbegabtes Wesen ist. Insofern, als dass alle Menschen vernünftige Wesen sind, sind auch alle Menschen im Kern gleich. Das steht in fundamentalem Widerspruch zu einer feudalen und ständisch strukturierten Gesellschaftsordnung. Und es steht in fundamentalem Widerspruch zum politischen Absolutismus, der die gesellschaft bis ins 19. Jahrhundert prägt. 

Menschenrechte der zweiten Generation: Freiheit mithilfe des Staates

Grundrecht auf Wasser. Quelle: http://cne.fr33bas3.net/
Grundrecht auf Wasser. Quelle: http://cne.fr33bas3.net/

Die umittelbar durch staatliches Recht durchsetzbaren Menschenrechte sind wichtig. Aber die Entwicklung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zeigt, dass unmittelbare politische Rechte (Abwehrrechte) alleine nicht ausreichen. Denn nur wenn die unmittelbaren biologischen Bedürfnisse (Wohnen, Gesundheit, …) zumindest grundlegend erfüllt sind, ist ein menschenwürdiges Leben auch möglich. Und nur wer über ein Mindestmaß an Bildung verfügt, kann von seinen politischen Freiheitsrechten auch Gebrauch machen.

 

 

Daher spricht man inzwischen (genauer: seit den 60er-Jahren des 20. Jh.) von der zweiten Generation der Menschenrechte. Zur Durchsetzung dieser Rechte reicht es nicht, dass der Staat sie per Gesetz verordnet, weil sie komplexer sind und weil ihre Verletzung mit Traditionen, wirtschaftlichen Bedingungen, sozialen Gegebenheiten verknüpft sind. Ihnen zum Durchbruch zu verhelfen ist wichtiges Ziel vieler UN-Organsiationen, z. B. von UNICEF oder WHO. Aber auch viele NGOs berufen sich in ihrer Arbeit auf dieses Menschenrechts-Verständnis

Kategorie

Begriff:

Bedeutung

 

 

 

Wirtschaftliche Rechte

Freiheit mit Hilfe des Staates

bedeutet das Recht auf ökonomische Grundversorgung und auf gesicherte Lebensverhältnisse zumindest auf einfachem Niveau

 

Bsp: Nahrung, Gesundheitsversorgung, Wohnung, Berufstätigkeit, Bildung

Soziale Rechte

Freiheit mithilfe des Staates

Bedeutet das Recht auf Teilhabe am sozialen Leben einer Gesellschaft

 

Bsp: Bildung, soziale Kontakte, Familie, …

Kulturelle Rechte

Freiheit mithilfe des Staates

Bedeutet das Recht, eigene kulturelle Traditionen zu pflegen / weiterzuführen

 

Bsp: V. a. Minderheitenrechte, z. B. Recht auf Pflege der eigenen Minderheitensprache; Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben einer Gesellschaft

Menschenrechte der dritten Generation: Solidarrechte. Kollektive und überstaatliche Menschenrechte

Kindersoldaten (Quelle: Kindernothilfe.de)
Kindersoldaten (Quelle: Kindernothilfe.de)

In den 80er-/90er-Jahren des 20. Jahrhunderts entsteht nochmals eine neue Diskussion um Menschenrechte als Folge der Sensibilisierung für Umweltfragen, für entwicklungspolitische Fragen als Folge des Kalten Krieges und vieler kriegerischen Auseinandersetzungen.


Man spricht hier von der dritten Generation der Menschenrechte. 


Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie auch auf staatlicher Ebene nicht mehr geregelt werden können und ihre Durchsetzung nur durch das internationale Zusammenarbeiten möglich wird. 


Die Solidarrechte betreffen insbesondere auch die Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen. 


Kategorie

Begriff:

Bedeutung

 

 

 

intakte Umwelt; Ressourcen-verbrauch; 

Klima; 

 

Frieden

Solidarrechte

Solidarrechte sind Rechte, die auf der Erkenntnis basieren, dass die Ressourcen auf der Erde begrenzt sind und dass ein verhältnismäßig kleiner Teil der Menschen unverhältnismäßig viele Ressourcen verbraucht // dass viele Ressourcen verschwendet werden.

 

Solidarrechte sind Rechte, die wegen ihrer Komplexität und ihrer globalen Dimension nur sehr schwer und in vielen kleinen Schritten durchsetzbar sind.

 

Bsp:

  • Recht auf eine intakte Umwelt (--> Klimakonferenzen; Bemühen um Begrenzung des CO2-Ausstoßes)

  • Recht auf Frieden (--> internationale Friedensmissionen)

Internetlinks