Judentum in Österreich

Ein Ausflug in die Geschichte ...

Arbeitsaufgabe A1:

Dieses Video vermittelt dir einen Einblick in das jüdische Wien im Mittelalter. Fasse die zentralen Informationen in einem Mindmap oder in einem stichwortartigen Exposee zusammen. Inwiefern ist die jüdische Gemeinde in Wien typisch für eine jüdische Gemeinde im Mittelalter? Was ist eher untypisch?

 

Beachte insbesondere folgende Fragestellungen? 

  • Wie leben die Juden im Mittelalter in Wien? Wie ist ihre soziale Stellung?
  • Was sind wichtige Elemente jüdischen Gemeindelebens? Welche "Infrastruktur" is dafür notwendig?
  • Was versteht man unter der "ersten Gesera"?

Jüdisches Leben in Österreich entlang der Geschichte

Mahnmal zur Erinnerung an die im NS ermordeten Jüdinnen und Juden von R. Withread am Wiener Judenplatz
Mahnmal zur Erinnerung an die im NS ermordeten Jüdinnen und Juden von R. Withread am Wiener Judenplatz

Jüdische Siedlungen in Mitteleuropa gibt es seit der späten Antike. Sie gehen zurück auf die Zerstörung des jüdischen Tempels und den Beginn der Diaspora (ca. 70 u.Z):  Die Römer schleifen, nachdem die Juden einen Aufstand versucht haben, den Tempel und verbieten den Juden den Aufenthalt in Jerusalem; jüdische Gemeinden entstehen in vielen anderen Teilen der damaligen Welt, u. a. auch in Europa; die älteste jüdische Gemeinde im deutschen Sprachraum ist die Kölner Gemeine (4. Jh?)

 

Im Staatsgebiet der Habsburger-Monarchie gibt es bereits im Mittelalter zahlreiche jüdische Gemeinden. Ein größere Teil dieser Juden gehört der Gruppe der Aschkenasim an. Sie sind vermtulich Nachfahren von Juden, die sich im Mittelalter rund um Köln angesiedelt haben. Ein Teil der Juden sind Sepharden, deren Vorfahren sind am Ende des 15. Jahrhunderts aus Spanien geflohen sind. 

 

Die Juden leben meistens in eigenen Gemeinden (und dürfen sich außerhalb ihrer Gemeinden nicht frei ansiedeln und dürfen viel Berufe nicht ausüben), haben eigene Schulen und eine eigene Gerichtsbarkeit, sprechen eine eigene Sprache und sind nicht „Staatsbürger“ der Habsburgermonarchie.

 

Josef II (Ende 18. Jh.) schafft mit seinem "Toleranzpatent" eine erste rechtliche Besserstellung der Juden. Jetzt beginnt die Emanzipation der Juden, das heißt: Sie beginnen, die Landessprache zu übernehmen, siedeln sich auch außerhalb der jüdischen Gemeinden an, ergreifen „nichtjüdische“ Berufe. Aber erst mit dem Staatsgrundgesetz von 1867 werden Juden wirklich gleichberechtigt. Vor allem erhalten sie Niederlassungsfreiheit und Gewerbefreiheit.

 

Nach 1867 ziehen viele Juden nach Wien und nach Budapest, in die beiden großen Städte der Monarchie. Neben einer (insgesamt doch eher kleinen) Gruppe von Familien, die innerhalb kürzester Zeit den gesellschaftlichen Aufstieg schaffen (zu ihnen zählen beispielsweise Wissenschaftler und Künstler wie Sigmund Freud, Arthur Schnitzler oder A. Schönberg) leben viele Wiener Juden im Elend. Insgesamt leben am Ende der Donaumonarchie 200 000 Juden in Wien. Das ist ein Bevölkerungsanteil von knapp 10 Prozent.

 

Neben Wien gibt es größere jüdische Gemeinden auch in Graz, Salzburg und Innsbruck. Auch in zahlreichen anderen Orten gibt es (meist kleiner) jüdische Gemeinden. Eine jüdische Gemeinde existiert auch seit dem 17. Jahrhundert in Hohenems. Diese verliert aber gegen Ende des 19. Jahrhunderts an Bedeutung.

 

Der christlich-soziale Wiener Bürgermeister Karl Lueger und nationaldeutsche Gruppierungen machen zu Beginn des 20. Jahrhunderts den traditionellen christlichen und den "neuen" rassischen Antisemitismus in Wien salonfähig.  Antisemitische Vorurteile gibt es seit langer Zeit, sie haben oft christliche Wurzeln (Juden als Christusmörder, Ritualmordlegenden). Dazu kommt seit dem 19. jahrhundert ein nationalvölkischer Antisemitismus (Juden als minderwertige Rasse), außerdem gibt es links-sozialistische Klischees (Juden als Großkapitalisten, "Geldjuden").

 

Die Nationalsozialisten greifen den vorhandenen Antisemitismus auf und treiben ihn weiter. Nach dem „Anschluss“ von 1938 versuchen viele österreichische Juden das Land zu verlassen. Die Nürnberger Rassegesetze (1935; in Österreich seit 1938 geltend) verbieten Juden den Besuch von nicht-jüdischen Schulen, die Ausübung von vielen Berufen, den Aufenthalt im öffentlichen Bereich. In der Reichspogromnacht (Nazi-Begriff: Reichskristallnacht) am 9./10. November 1938 werden fast alle Synagogen zerstört und allein in Wien über 6000 Juden und Jüdinnen ermordet. 1942 wird auf der Wannseekonferenz die Vernichtung aller Juden beschlossen. Damit beginnen die systematische Deportierung und Ermordung auch der österreichischen Juden (Shoa, Holocaust). 65 000 Menschen können Österreich nicht rechtzeitig verlassen und werden deportiert und großteils ermordet. Nur 2000 Menschen mit jüdischem Hintergrund überleben die Zeit des Nationalsozialismus in Wien im Untergrund.

 

Nur wenige der Juden, die die Konzentrationslager überleben oder die rechtzeitig ins Exil gegangen sind, kehren nach Österreich zurück. Österreich definiert sich selbst als „erstes Opfer“ des Nationalsozialismus. Diese     Opferthese führt dazu, dass Österreich – im Unterschied zu Deutschland – seine Mitverantwortung an der Ermordung der Juden nicht oder nur spärlich wahrnimmt. Eine tiefere Auseinandersetzung mit diesem Thema findet erst in den 80er-Jahren (Waldheim-Affäre, der ehemalige Bundeskanzler Vranitzky bekennt sich in Israel zur Mitverantwortung Österreichs) ansatzweise statt.

 

Heute gibt es wieder eine jüdische Gemeinde (eigentlich: mehrere jüdische Gemeinden mit unterschiedlicher Ausrichtung von sehr orthodox bis sehr liberal) mit ungefähr 8 000 Mitgliedern in Wien und kleinere jüdische Gemeinden z. B. in Graz, ins Salzburg und in Innsbruck. Wichtiger Präsident der jüdischen Kultusgemeinde war Paul Grosz, sein Nachfolger ist (derzeit noch) Ariel Muzikant

 

Arbeitsaufgaben

Arbeitsaufgabe A2: 

 

Erkläre die Begriffe Diaspora, Aschkenasen, Sepharden, Emanzipation der Juden im 18. und 19, Jahrhundert, Staatsgrundgesetz von 1867, Antisemitismus, Reichspogromnacht, Holocaust oder Shoa, österreichischer Opfermythos nach 1945, orthodoxe Juden, liberale Juden, säkulare Juden

 

Arbeitsaufgaben A3: 

Recherchiere zu einer der folgenden Personen des öffentlichen Lebens mit jüdischem Hintergrund (Leben, Bedeutung, Beziehung zum Judentum): 


Alfred Adler, Berta Pappenheim, Arthur Schönberg, Alban Berg, Bertha Zuckerkandl, Ruth Klüger, Arik Brauer, Stefan Zweig, Arthur Schnitzler,  Rudolf Carnap, Ludwig Wittgenstein, Karl Raimund Popper, Oscar Bronner, Victor Adler, Otto Bauer, Julius Tandler, Emil Zuckerkandl, Victor E. Frankl, Hans Kelsen, Lise Meitner, Wolfgang Pauli, Eric Kandel, Samuel Oppenheim, Gustav Mahler, Hugo von Hofmannsthal, Franz Werfel, Elias Canetti, Hilde Spiel, Jura Soyfer, Max Reinhard, Fritz Kortner, Karl Kraus, ...

 

Internetlinks